Nein, die Bielefelder Band EÏS (ex-GEÏST) hat sich nicht zurückbenannt und nein, es ist auch nicht die Kölner Alternative-Band GEIST, die den Bielefeldern damals mit rechtlichen Schritten aufgrund desselben Namens gedroht hat, deren Album mir hier vorliegt. Nein, „Der Ungeist“ ist, nach einer Demo von 2009, das Debüt einer gleichnamigen israelischen Band. Über die lässt sich im Netz (abgesehen von der obligatorischen Nahtod-Myspace-Präsenz) vergleichsweise wenig finden und irgendwo passt das zur Musik der One Man Army Ratimus: Musikalisch stecken GEIST nämlich ganz, ganz tief im Underground, inklusive klirrender Gitarre nach „Transilvanian Hunger“-Manier, kaum auszumachenden Bässen und einem Schlagzeug, das nur selten etwas dominanter abgemischt ist, die meiste Zeit aber nach guter, alter Fenriz-Art funktioniert: Hauptsache, es ist da, der Rest ist uninteressant.
Und das Songwriting? Joa, auch hier drängen sich DARKTHRONE und ihr Klassiker „Transilvanian Hunger“ förmlich als Vergleich auf, das Riffing klingt zu einem Großteil so, als wäre es Anfang bis Mitte der Neunziger in Norwegen entstanden, es klirrt und prescht mit irgendwo minimalistischer, aber wirkungsvoller Melodieführung daher und versteht es durchaus, so manches Riff im Gedächtnis zu platzieren. Dazu gesellt sich eine gute Portion LUNAR-AURORA-Flair und eine leichte Depri-Note – es wäre zwar nicht wirklich gerechtfertigt, hier von DSBM-Einflüssen zu reden, denn dazu ist diese Duftnote nicht dominant genug und auch das typische Riffing (und andere Merkmale) dieses Subgenres sind auf „Der Ungeist“ nicht zu finden, aber eben eine gewisse Melancholie und eine einsame Atmosphäre wie zum Beispiel gegen Ende des ersten Tracks „Mord“. (Womit wir übrigens eine weitere Parallele zu den Bielefeldern EÏS hätten, wenngleich die israelischen GEIST dabei natürlich um einiges roher agieren.)
Neu ist das sicherlich nicht unbedingt und auch der Sound ist schon wirklich Geschmackssache. Und trotzdem stehen unter dieser Review sechs Punkte. Warum? Weil GEIST zwar weder innovative noch zeitgemäße Musik schreiben, aber gerade wegen des Anachronismus, den das Projekt irgendwo darstellt, aufhorchen lassen, zumal nichts an „Der Ungeist“ stümperhaft oder schlecht wirkt, eher im Gegenteil: Dieses Album klingt so, als würde jeder Ton genau da sitzen, wo er sitzen soll und genauso klingen, wie er klingen soll. Außerdem haben sich einige durchaus hörbare Momente auf „Der Ungeist“ eingeschlichen, man höre das sehr atmosphärische Zwischenstück „Tot“, den Titelsong mit seiner unwiderstehlichen Leadgitarre oder aber die rhythmischen Parts im Rausschmeißer „Taub“ – all das sind wirklich gelungene, wirklich eindringliche Songs und Ideen, die eine Wertung in der oberen Hälfte der Skala rechtfertigen. Auch, wenn dieses Album so sehr am musikalischen Zeitgeist vorbei gespielt ist, dass es wohl nur Underground-Puristen und überraschte Alles-mal-Anhörer wie mich als Abnehmer finden wird.
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