In ihrem Heimatland Schweden sind sie bereits eine feste Größe – hier hapert es sogar an einem Untergrundstatus. Was macht man aus dieser Aussage? Daß der Rest Welt einfach keinen Musikgeschmack hat? Prätentiös, wer so etwas denken mag. Und doch: Wieso wird die Genialität dieser Band scheinbar nur in ihrem Heimatland würdig honoriert? Denn auch „Hildegard von Bingen“ beweist wieder eindrucksvoll die Innovationskraft und Kreativität dieser Formation. Hildegard von Bingen, für diejenigen, die es nicht wissen, war Äbtissin eines Klosters im Mittelalter. Doch diese Frau war zudem noch universell gebildet, sie war Mystikerin, Dichterin, Ärztin, Künstlerin und eben Komponistin. So stammen die hier zu hörenden Stücke allesamt von Hildegard von Bingen, nicht jedoch ohne eine Neuinterpretation zu erfahren, in der sich auch Garmarna mit ihrem ureigenen Stil einbringen können. Seit dem letzte Album arbeitet man verstärkt mit elektronischen Elementen, die auch hier wieder gekonnt mit Folk und Mittelalter zusammenfließen. Ein bisschen dürfte man sich an QNTAL erinnert fühlen, doch ein Vergleich ist nicht möglich. Über allem thront zudem die wunderschöne und fragile Stimme von Emma Härdelin, welche der Musik Tiefe und Nuancen gibt. So wird nicht nur eine Brücke zwischen Moderne und Mittelalter geschlagen, sondern zudem noch wunderschöne, intensive Musik geboten, der man sich nur schwer entziehen kann. Es wird Zeit, daß man auch mal hier in Deutschland dem Talent dieser Formation Anerkennung zollt!
Was mit "Vedergällningen" seinen Anfang nahm, das findet nun mit "Hildegard von Bingen" seine konsequente Folge: Ein sehr von elektronischen Elementen geprägtes Album das immer mehr in die Trip-Hop-Richtung driftet, mit Folk-Einflüssen selbstverständlich, was den besonderen Reiz ausmacht. Herausragend ist (wie bei allen Garmarna-Alben) der wunderschöne Gesang von Emma Härdelin, der, neben der typischen Produktion und Spielweise der Drehleier z.B., für den hohen Wiedererkennungswert und die Einzigartigkeit der schwedischen Gruppe verantwortlich ist. Das gesamte Album kommt überwiegend leichtfüssig daher (vor allem "Viridissima Virga"), nicht so schwer wie der Vorgänger, wobei wohl der Track "Virga ac diadema" besonders durch die sphärische und ruhige Stimmung heraussticht, und dessen Synth-Teppich zum Mitschweben einlädt. Unter´m Strich weiss ich noch nicht so ganz, was ich von der Stilentwicklung Garmarnas´ wirklich halten soll. Gefällt mir "Hildegard von Bingen" noch sehr gut und war sie auch irgendwie berechenbar, kann ich mir nicht vorstellen, wie das nächste Werk der Schweden aussehen soll. Warten wir´s ab, ich bin sehr gespannt…………… Tipp zum Schluss: Kopfhörer oder gut ausgerichtete, weit von einander entfernte Boxen empfehlenswert.