Galar - De Gjenlevende

Review

Bereits mit ihren ersten beiden Alben konnten die 2004 gegründeten GALAR aus Norwegen mächtig Eindruck hinterlassen. Nun steht mit „De Gjenlevende“ (übersetzt so viel wie „Die Hinterbliebenen/Leidtragenden“) das dritte Langeisen bereit, um an den Erfolg anzuschließen. Wahrscheinlich auch aus diesem Grund wurde zumindest an den Rahmenbedingungen relativ wenig verändert. So fanden die Aufnahmen erneut in den Conclave & Earshot Studios in Bergen mit Produzent Bjørnar E. Nilsen (u.a. VULTURE INDUSTRIES) statt, wo bereits Produktionen für TAAKE, HELHEIM oder AETERNUS entstanden. Auch das Cover-Artwork entstammt dergleichen Feder wie auf den vorherigen Veröffentlichungen, nämlich der von Designer Overhaus. Eben jenes dürfte allerdings auch einer der wenigen Kritikpunkte am neuen Werk sein, denn die moderne Machart will nicht so recht zum Inhalt der Platte passen. Geschenkt, denn musikalisch holen GALAR zum ganz großen Wurf aus.

Vom Sound her noch vielfältiger, war und bleibt Black Metal die Basis der Songs. Darauf aufbauend fügt die ursprünglich als Duo gestartete mittlerweile aber zum Trio herangewachsene Band ihren Songs noch reichlich klassische Einflüsse und Anteile aus dem Folk/Pagan Metal hinzu. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, denn weit und breit sind keine methornschwenkenden Humppa-Flachpfeifen zu sehen bzw. werden von „De Gjenlevende“ auch nicht angesprochen. Die melancholischen, von der Klassik inspirierten Passagen sind dabei auf Sänger und Pianist Fornjot zurückzuführen, der sogar eine Ausbildung in klassischer Musik sowie Komposition vorweisen kann und durch den Einsatz eines Fagotts interessante Akzente innerhalb der Klanglandschaft setzen kann. Harsche Parts treffen auf herzerwärmende Melodien und sanfte Töne. Diese Kontraste benutzen GALAR ein ums andere Mal als sehr kraftvolles Stilmittel. Die Epik wurde dabei nochmal ein wenig mehr in den Vordergrund gerückt: Aufgrund der überlangen Songs und den enorm aktiven Streichern, kommt man fast nicht umher, den Begriff „symphonisch“ in den Raum zu werfen.

Mit einem simplen Akustik-Intro eröffnend, führt der Titeltrack zu Beginn des Albums schnurstracks ein in das erste Highlight der Platte. Obwohl mit ratternder Doublebass und fiesem Gesang voranschreitend, versprüht der Songs von Anfang an eine unglaubliches Maß an Lieblichkeit und Atmosphäre. Bereits hier werden Ähnlichkeiten zu SOLEFALD oder ÁRSTÍÐIR LÍFSINS deutlich. Apropos: Das immer wieder anzutreffende verzweifelte Heulen lässt vermuten, dass Georg (bekannt durch DRAUTRAN und eben jenen ÁRSTÍÐIR LÍFSINS) auf „De Gjenlevende“ mitgemischt hat. Doch weit gefehlt, auch wenn sich die Stimmlagen in diesen Passagen nahezu gleichen. Ohnehin heimsen GALAR mit der Gesangsleistung auf ihrem neuen Album bereits die halbe Miete ein. Ob harsch oder klar, die zahlreichen Gesangsarten fügen sich harmonisch und unterstreichen abermals den Facettenreichtum. „Bøkens Hymne“ besticht durch die überraschenden Bläser-Elemente und seinen rockig-treibenden Unterton, ehe mit „Ljos“ ein clever inmitten der Gesamtspielzeit positioniertes Instrumental folgt.

Während man sich auf dem ersten Album „Skogskvad“ noch mit der nordischen Mythologie befasste, „Til Alle Heimsens Endar“ ein Konzeptalbum zur Geschichte der bandeigenen Heimatregion Vestfold während des achten und neunten Jahrhunderts war, ist „De Gjenlevende“ ebenfalls ein Konzeptalbum, welches sich jedoch nicht einem historischen Aspekt widmet, sondern seine Inspiration aus der europäischen Folklore sowie der Ontologie bezieht, lyrisch dabei jedoch weitaus poetischer zu Werke geht, wodurch eigene Interpretationen des Hörers ermöglicht werden.

Insgesamt ist „De Gjenlevende“ also eine würdige, stimmige und auch natürliche Fortsetzung vom Vorgänger „Til Heimsens Endar“. An einigen Stellen innerhalb eines Songs wirken die stilistischen Brüche etwas zu abrupt („Gjeternes Tunge Steg“), was im Gesamtbild jedoch eine Randnotiz bleibt. Dementsprechend werden jene, die etwas mit den Vorgängern anfangen konnten, auch mit dem neuen Werk glücklich werden. An alle anderen: Definitiv zu Gemüte führen und selbst urteilen. Und wem beim Finale des Rausschmeißers „Tusen Kall Til Solsang Ny“, wo GALAR nochmals jegliche Geschütze auffahren, das Herz nicht aufgeht, dem ist eh nicht mehr zu helfen.

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08.03.2015

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2 Kommentare zu Galar - De Gjenlevende

  1. Dirk sagt:

    „“De Gjenlevende“ ebenfalls ein Konzeptalbum, welches sich jedoch nicht einem historischen Aspekt widmet, sondern seine Inspiration aus der europäischen Folklore sowie der Ontologie bezieht, lyrisch dabei jedoch weitaus poetischer zu Werke geht, wodurch eigene Interpretationen des Hörers ermöglicht werden.“

    Und das weiß man woher? Werbetext?

  2. Richard Mertens sagt:

    Sicherlich recherchiert man im Rahmen einer Rezension auch ein wenig. Zu dieser Recherche bzw. zu den ersten Infomaterialien gehört sicherlich auch der Promo-Text, der allenfalls zur Inspiration dient und nie unreflektiert behandelt wird. An dieser Stelle ist auch immer ein wenig Sachverstand gefragt, da natürlich nicht alles Gold ist, was glänzt. Im vorliegenden Fall stammen die Informationen jedoch von der Band selbst.