Funeral Mist - Maranatha

Review

„Kommet her und schauet die Werke des Herrn, der auf Erden solch Zerstören anrichtet. Er ist erschrecklich. Wer kann vor Ihm stehen, wenn Er erzürnet? Wenn Er das Urteil lässest hören vom Himmel, so erschrickt das Erdreich und wird still. „Maranatha“ – unser Herr wird kommen.“

Still und leise und ohne viel Aufsehen zu erregen, wurde wie aus dem Nichts der Nachfolger zu „Salvation“ auf die sündige Menschheit hernieder gelassen. Die Klasse von „Salvation“, das in seiner Einzigartigkeit alle bisherigen Maxime des Black Metals gesprengt hat, zu erreichen, ist ein mutiges Unterfangen, was stolze sechs Jahre in Anspruch genommen hat. Zwischen freudiger Erwartung und skeptischen Befürchtungen waren viele gespannt, ob Arioch mit „Maranatha“ in dieselbe Kerbe schlägt wie der Vorgänger oder ob er etwas völlig Neues aus der Taufe hebt. FUNERAL MIST allerdings bleiben bei ihren Leisten, gucken zwar ab und an von „Salvation“ ab, legen aber in keinster Weise eine lieblose Kopie vor. Vielmehr ist die Zerstörungswut bei „Maranatha“ anders gelagert.

Wo der Hörer von den Eindrücken des Chaos, die „Salvation“ vermittelte, nur so begraben wurde, ist „Maranatha“ weniger wahnsinnig, transparenter und mit einer noch nicht mal einer Stunde Spielzeit deutlich kürzer. Dass zwischen „Maranatha“ und „Salvation“ Unterschiede sind, liegt auch an dem neuen Drumsound, der weniger Trommelfell-zerfetzend ist wie noch auf „Salvation“. Session-Drummer Nachash, zuvor noch der Rhythmus-Gitarrist, gibt dem Album durch seine eigene Technik, die sich nicht mit dem von „Necromorbus“ Tore Stjerna vergleichen lässt, eine neue Persönlichkeit, wenn er auch deutlich zurückhaltender ist. Befürchtete Ähnlichkeiten, dass zuviel MARDUK in FUNERAL MIST eingeflossen ist, lassen sich höchstens in dem gemäßigten Mammut-Track „Blessed Curse“ erkennen, der dennoch unwiderruflich die Handschrift Ariochs trägt. FUNERAL MIST bleibt eben eine Klasse für sich. Die ersten Songs jedoch haben mich anfangs noch verwundert aufgucken lassen. „Sword Of Faith“ weist in den ersten Sekunden deutliche Tendenzen zu Norsecore, Noise und Industrial auf, die aber nach kurzer Zeit wieder verfliegen. „White Stone“ dürfte wohl den Wenigsten gefallen, da er hauptsächlich von einem einfachen mittelschnellen Drum-Beat geführt wird und vom Aufbau sowie von Ariochs Gesang her sehr experimentell ist. Zudem haben die Gitarren schon fast einen doomigen, stoner-rockigen Touch. FUNERAL MIST spielt hier mit Überraschungsmomenten, die zuerst nicht ganz passen wollen, aber dem Song nach mehreren Hördurchgängen den nötigen Kick geben. Wo sich anfangs noch ein Stirnrunzeln bemerkbar machen will, entwickelt sich „Maranatha“ aber mit jedem Hören und mit jedem neuen Song mehr. Deutlich manifestiert sich, dass die acht Songs aus unterschiedlichen Perioden stammen, da einige völlig neue Dimensionen von FUNERAL MIST aufzeigen und andere wiederum aus der Zeit von „Salvation“ zeugen. Gerade ab der Hälfte des Albums, mit „A New Light“, findet FUNERAL MIST wieder zu der Aggression und Explosivität von „Salvation“. Einzige Kritikpunkte finden sich erst bei der unnötig häufigen Verwendung von Stimm-Effekten, die Arioch garnicht nötig hätte. Auch „Anathema Maranatha“, der als „In Manus Tuas II“ bezeichnet werden könnte, eifert zu sehr dem Geist eben jenes Tracks nach. Dennoch hat er definitiv etwas für sich und Arioch haut hier seinen gesamten Hass aus den Stimmbändern heraus, was jedem durch Mark und Bein geht, der nicht mit einem Eisklotz statt einem Herzen geboren wurde.

Wer FUNERAL MIST kennt, weiß, dass die Musik neben der makellosen technischen Durchführung und einem durchdringenden Gesang von Atmosphäre lebt. Daher sollte es niemanden verwundern, dass auch „Maranatha“ erneut mit vielen Samples gespickt wurde, die für die Untermalung des religiösen Aspekts herhalten durften und man nicht zuletzt dadurch eine Gänsehaut vom Feinsten beschert bekommt. Folklore-lastige Chören wie in dem besten und spannendsten Song „Anti-Flesh Nimbus“ wechseln sich mit Ambient-Samples und Soundtrack-Auszügen aus „Nosferatu – Phantom der Nacht“ in „Jesus Saves!“ ab.

Wahnsinn, aus wie vielen kleinen, aber nicht weniger wichtigen, Details acht Songs bestehen können, dass eine komplette Beschreibung eben solcher wie erzähltes Essen wäre. Gerade die Vielfalt macht „Maranatha“ zu einem Feuer, das durch die Ausdruckskraft der rasiermesserscharfen Riffs brennt. Pointiert gehen FUNERAL MIST mit Spannung vor und feuern nicht gleich zu Beginn ihre Munition ab. FUNERAL MIST steht daher auch mit „Maranatha“ für abwechslungsreiches und außergewöhnliches Material mit einer eigenen, nicht zu kopierenden, Identität und physisch starker, bösartiger Präsenz mit einer spirituell unabdinglichen Spannung zwischen Perversion und Religiösität. Entgegen der Behauptung manch‘ böser Zungen, dass „Maranatha“ ein seelenloses Stück Plastik sei, ist es ein würdiger und starker Nachfolger. Wenn man „Maranatha“ offen und objektiv als eigenständiges und neues Album ansieht, kein zweites „Salvation“ erwartet und ihm mehrere Durchläufe erlaubt, entpuppt es sich zu einem Monolith, an dem kein Weg vorbei geht und beweist, dass im Black Metal noch nicht alles verpulvert wurde.

Anspieltipps: „A New Light“, „Blessed Curse“, „Anti-Flesh Nimbus“

28.02.2009

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1 Kommentar zu Funeral Mist - Maranatha

  1. tyranid sagt:

    Kann man eigentlich nur recht geben.

    9/10