Funeral - Gospel Of Bones

Review

“Gospel Of Bones” ist eine vergleichsweise schnelle Rückkehr der Norweger FUNERAL: Ihr letztes Album “Praesentialis In Aeternum” erschien ja im Dezember 2021, was eine nicht einmal dreijährige Pause zwischen zwei Studioalben bedeutet und damit fast einen Geschwindigkeitsrekord für die (Funeral-) Doom-Metal-Recken. Gleichzeitig ist ein Großteil der letzten Besetzung ausgewechselt worden, was gewiss seine Zeit benötigte. Trotzdem ist “Gospel Of Bones” mit 66 Minuten Spiellänge gewohnt opulent ausgefallen, was auch für enthaltenen Songs gilt.

FUNERAL verändern sich (teilweise)

Klar ist, dass die Besetzungswechsel für einen neuen Charakter des FUNERAL-Sounds sorgen. Natürlich stehen die Norweger auch heute wieder für tieftraurigen, depressiven Doom Metal, der über die Länge des kompletten Albums einiges an Durchhaltevermögen erfordert – im positiven Sinne, denn das kann man ja als Zweck der Musik verstehen, sich eine gute Stunde in Depression zu suhlen, um am Ende geläutert und voller neuer Energie den Tag zu meistern.

Dennoch unterscheidet sich “Gospel Of Bones” ein gutes Stück von seinem Vorgänger: Der neue Sänger Eirik P. Krokfjord klingt mit seiner ausgebildeten Baritonstimme eben ganz anders als Sindre Nedland. Dadurch erhalten die Songs ein eher dramatisches Element, anstatt die Zerbrechlichkeit des menschlichen Seins zu verkörpern. Gleichzeitig hat der tiefe, knurrende Gesang aber auch etwas Tröstliches: Der in den Titeln und Texten allgegenwärtige Tod erhält durch seine Opernhaftigkeit eine künstlerische, höhere Ebene. Er ist dann eben nicht das Ende der Existenz, denn man setzt ihn in einen größeren Zusammenhang. Und das ist nicht notwendigerweise religiös gemeint.

Geändert hat sich auch das Gefüge an den Saiten: Die beiden neuen Gitarristen Tom Alexander Trones und Stian Kråbøl (ehemals und aktuell TULUS, SARKE, KHOLD) setzen nicht auf Gitarrensoli, sondern auf stimmungsvolle Arpeggien und präzise Schwere in den Riffs – man höre nur die vorab veröffentlichten Songs “Yestertear” und “My Own Grave”, wo die beiden auch ohne Flitzefingereien die passende Stimmung erzeugen, mal folkig, mal barock. Hinzu kommt eine reichhaltige Orchestrierung, und Geigerin Sareeta sorgt mit ihrem Beitrag auf den Saiten für eine zusätzliche Traurigkeit. Teilweise drängt sich dadurch auch ein Vergleich mit MY DYING BRIDE auf – wenn man einmal vom Gesang absieht.

„Gospel Of Bones“ und die passende Stimmung

Apropos Gesang: So ganz wollte man Eirik P. Krokfjord das Feld offenbar doch nicht überlassen; jedenfalls wurde bei den zwei zum Ende hin aufgebotenen Stücken “To Break All Hearts Of Men” und “Three Dead Men” mit dem ehemaligen BEYOND DAWN-Frontmann Espen Ingierd eine weitere Stimme aufgeboten, die sich deutlich unterscheidet: weniger gebieterisch, sondern zweifelnd und gebrechlich.

Allerdings tummeln sich die Stücke bereits im letzten Drittel des Albums und haben auf den Gesamtcharakter nicht den größten Einfluss. Womit wir beim größten Kritikpunkt angelangt sich, den man “Gospel Of Bones” machen kann: Das Album ist etwas zu lang geraten – beziehungsweise es hätte auch mit fünf oder sechs der Stücke funktioniert, vielleicht sogar noch besser. Denn (und das ist wiederum der entscheidende Pluspunkt des Albums) Songs wie das eröffnende “Too Young To Die”, “Yestertear”, “Procession Of Misery”, “Those Rusty Nails” und “My Own Grave” sind in ihrem Zusammenspiel aus Stimme, Schwere, Melodie und Traurigkeit gleichzeitig elegisch als auch griffig. Sie entfalten also ihre Wirkung und halten genügend memorable Momente vor.

Ein Kritikpunkt?

Die “neuen” FUNERAL funktionieren mit “Gospel Of Bones” also auch. Sie klingen zwar dezent anders, erfinden sich aber auch nicht komplett neu. Wem “Praesentialis In Aeternum” gefallen hatte, muss sich vielleicht etwas umstellen, aber das musste man ja bereits mit einem Klassiker wie “From These Wounds” – und von bis da zum letzten Album war es ja ebenfalls nicht der direkte Weg. Insofern sind es einfach nur neue Facetten, die in den Sound aufgenommen werden. Und vielleicht sollte man dankbar sein, dass sich FUNERAL nicht ständig wiederholen.

09.11.2024

- Dreaming in Red -

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