Freedom Call - M.E.T.A.L.

Review

Galerie mit 22 Bildern: Freedom Call - Metal Hammer Paradise 2023

FREEDOM CALL haben ohne jeden Zweifel einen wunden Punkt getroffen. Seit über zwanzig Jahren polarisieren die Nürnberger um Chris Bay mit ihrem superfröhlichen Power Metal, was überhaupt nicht verwundert. Zu viele Leute sind beleidigt von der Message der Band, schließlich prangert das Quartett schonungslos die Verweichlichung und künstlerische Kommerzialisierung dieser Glaubensrichtung an, ein wichtiger Beitrag im Zeitalter von SABATON und ALESTORM. Eine gelungene, überaus wichtige Anprangerung dieser Banalisierung, dieser Optimierung auf Massentauglichkeit war die Teilnahme der Band an der ebenso opportunistischen, plagiierenden Sendung „Tausch Dein Lied“, wo sie mit einem Cover der WILDECKER HERZBUBEN verdeutlicht haben, dass sich diese Bewegung dem angenähert hat, wogegen sie früher eingestanden ist.

Eine Platte voller „M.E.T.A.L.“

Der Titel „M.E.T.A.L.“ ist Programm, denn die Metal-Szene wird hier tatsächlich auseinander genommen, angefangen beim Opener „111 – The Number Of The Angels“. Dieser strotzt nur von leeren, abgedroschenen Selbstverwirklichungs-Phrasen, die den lyrischen Stillstand der Szene dokumentieren. Dazu kommen Melodien, die genrefremd wirken und Assoziationen zu „Hospodi“ herstellen, welches wie eine Black-Metal-Platte von POWERWOLF klingt. Ebenso disharmonisch wird es auch im nächsten Song ‚Spirit Of The Daedalus‘, wenn barocke Melodien auf Thrash-Metal-Tempi treffen und somit kritisiert wird, dass zu oft das Fingerspitzengefühl beim Komponieren fehlt. Oder zumindest ein paar Fill-ins.

Hörspaß leidet unter künstlerischem Anspruch

Kompositorisch lässt diese Platte zu wünschen übrig. Die Repetition der gängigen, simplen Song-Schemata parodiert die Stagnation, die Festgefahrenheit dieser innovativen Musikrichtung, die sich überwiegend auf die goldenen Achtziger beruft. Es ist schon beeindruckend, mit welcher Konsequenz hier vorgegangen wird, wodurch sich die künstlerische Vollkommenheit von „M.E.T.A.L.“ erhöht. Dennoch fehlt der Hörspaß, den andere Satireprojekte wie MANOWAR, die zuletzt auf hervorragende Weise die Leere von Lippenbekenntnissen großer Bands gegenüber ihren Fans parodiert haben, auf ihrem Zenit (nicht im Sinne von ENFORCER) hatten.

Auf diese wird im Titeltrack nochmals Bezug genommen. In Anlehnung an ‚Warriors Of The World United‘ ist die instrumentale Begleitung extrem reduziert und wird von der Rhythmussektion dominiert. Der Text wirft mit dem typischen leeren Schlagworten um sich. „Brave of power“, „Endless steel“, „Swords of fire“. Durch die Lautmalerei und den Synthesizer-Einsatz konterkariert er die Lobpreisung, die auf unsere Bewegung vorgenommen wird und wirft dadurch die berechtigte Frage auf, wie viel Metal in den Leuten steckt, die lautstark vorgeben, seine wahre Essenz zu bewahren.

Als weiteren Kritikpunkt muss man zudem ausmachen, dass die Liste der Adressaten nicht besonders lang ist. Ins Visier genommen werden hier hauptsächlich Power-Metal-Bands und ihre Art der Textbearbeitung. Die meisten Lieder behandeln auf peterpaneske Weise den Eskapismus in ein diffuses, meist infantil anmutendes „Fairyland“. Das verstärkt den Eindruck, dass auch FREEDOM CALL zu dem geworden sind, wogegen sie sich gestellt haben, dass sie sich ständig wiederholen und auf die gleichen Bands einschießen, wo man genervt entgegenrufen möchte: „Ja, wir wissen es.“ Herausheben sollte man an dieser Stelle aber noch ‚Days Of Glory‘, welches sich süffisant mit dem Reaktionismus auseinandersetzt, den nicht nur die Gesamtgesellschaft, sondern auch unsere Bewegung durchströmt.

Auch die fröhlichsten Kinder werden erwachsen

Auch wenn FREEDOM CALL einen anderen Ansatz verfolgen, als die meisten Trve-Metal-Bands, so muss man eingestehen, dass auch sie in ihrer Entwicklung stagnieren. Auf „M.E.T.A.L.“ beschränken sie sich auf nur wenige, bereits bekannte Ketzereien, die sie in der immer gleichen Weise aufarbeiten, was über einen Zeitraum von 43 Minuten ziemlich ermüdend wirkt. Somit wird das neunte Studioalbum der Nürnberger eine doch eher verzichtbare Angelegenheit.

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21.08.2019

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