Fredlös - Fredlös

Review

Folk-inspirierter Metal aus Schweden ist bekanntermaßen weder ein neues noch seltenes Phänomen. Dennoch versuchen sich FREDLÖS aus Stockholm/Norrtälje mit ihrem selbstbetitelten Debüt an einem weiteren Ansatz, traditionelle Harmonien und historische Themen jenseits von Edda und Wikingern an die geneigte Hörerschaft zu bringen. FREDLÖS ist ein Phoenix aus der Asche einer Band namens BARBRO SAYS NO, in der das Gros des aktuellen Line-Ups bereits zusammen spielte. Das „hinzu rekrutierte“ ENTOMBED-Urgestein Alex Hellid ist vielleicht das bekannteste Mitglied des Ensembles, doch spielt sein Name im Kontext von FREDLÖS eine untergeordnete Rolle. Allerdings gereicht es der Band durchaus zum Vorteil, dass er ihr auf seinem Label Threeman Recordings gleich ein Zuhause gegeben hat.

Fredlös lockt auf die dunkle Seite (des Folk Metal)

FREDLÖS werden als Dark Folk gehandelt – sicher um sie von vornherein vom Bier- und Met-seligen Spaß-Folk zu distanzieren. Und tatsächlich zieht sich eine melancholische Grundstimmung durch alle Tracks, die vor allem von pathetischen Melodien und der eindringlichen Charakter-Stimme von Frontfrau Liv Hope getragen wird.
Den folkloristischen Bezug stellen FREDLÖS eher klassisch durch die Verwendung von authentischen Instrumenten, wie der von Martin Björklund eingespielten Violine, sowie der inhaltlichen Verwurzelung in der eigenen Geschichte her. Etwas ungewöhnlicher ist der Einsatz von uraltem Kulning-Gesang – zu hören bei „Requiem“.

Der dunkle, schwermütige Unterton schließt Dynamik und Abwechslung aber keineswegs aus. Balladeske Songs wie „Otto“ und „Undergång“ sind sogar eher die Ausnahme. Zumeist ergänzen sich rockige/metallische und folkige Elemente in angemessener Weise, ohne dass sich die Stücke zu sehr ähneln. „Missväxt“ besticht beispielsweise durch seinen sehr ergreifenden Chorus mit deftiger Doublebass-Untermalung. Den Titeltrack „Fredlös“ dagegen hätten MÅNEGARM auch problemlos als einen von ihren verkaufen können, nicht nur, weil hier der Gesang ihres Fronters Erik Grawsiö dominiert. „Deus“ ist wiederum ein kurzes Zwischenstück, das lediglich aus traditioneller Instrumentierung mit rhythmischen Trommelschlägen besteht und sich in die Mantra-artige Wiederholung der Textzeile „Gud var aldrig på din sida“ (Gott war nie auf Deiner Seite) hineinsteigert. Im 12-minütigen Grand Finale „Requiem“ kommt dann in puncto Epik, Melodik und Tradition noch einmal alles zusammen.

Von „Happy Folk“ könnten FREDLÖS auch thematisch kaum weiter entfernt sein, durchstreifen sie doch eher die dunklen Epochen der regionalen Geschichte und erinnern mit viel (Takt)Gefühl an schwere Zeiten – hauptsächlich erzählt aus der Perspektive einfacher Volksleute. Dabei auf Schwedisch zu singen macht zwar schon lange kein Alleinstellungsmerkmal mehr aus, verleiht dem Ganzen aber doch einen Hauch mehr Glaubwürdigkeit und klingt dazu einfach gut.

Kein schwedischer Einheitsbrei

Wie schon erwähnt ist es mit der Attribut-Kombi „Schwedisch“ und „Folk“ dieser Tage schwer, nicht ungehört in einer Schublade zu verschwinden oder mangels Inspiriertheit im Einheitsbrei unterzugehen. Und auch wenn sich FREDLÖS grob mit „ausgestoßen“ oder „vogelfrei“ im Sinne von „geächtet“ übersetzen lässt, sollte sie keines dieser Schicksale ereilen, denn das schwedische Sextett erschafft sich seine eigenständige „Folk“-Identität abseits der üblichen Sounds und Lobgesänge auf Krieger oder Gottheiten.

Die Musik ist in ihren Grundfesten nicht neu, kann aber durch die düster-melancholische Ausprägung, Aufrichtigkeit und Emotionalität überzeugen.

Kleiner Mangel: Die Metal-Gitarren und -Drums verstecken sich zu sehr und hätten im Mix gern noch etwas mehr in den Fokus gerückt werden können. Man darf doch drei Gitarren und das anstrengende Drum-Workout ruhig auch hören und spüren.

05.02.2023
Exit mobile version