Die Engländer von FRANK CARTER & THE RATTLESNAKES (rund um den Ex-GALLOWS-Fronter Frank Carter) melden sich mit „Modern Ruin“ zurück und zeigen dem Publikum, wie man dreckigen Hardcore mit Pop vermengt, ohne wirklich Kompromisse zu schließen. Schon das Artwork symbolisiert, was den Hörer auf Albumlänge erwartet – ein wütender zähnefletschender Hund, mit darüber gedeckten Regenbogenfarben unauffällig in Szene gesetzt. Klingt komisch, sieht aber schön aus, weil man sich von bunt und grell gerne ablenken lässt.
Poppige Backpfeifen für Jedermann
Der Einmarsch mit „Bluebelle“ ist noch relativ gemächlich und handzahm, während das folgende „Lullaby“ mit seinem packenden Refrain und Rhythmus-Dominanz schon stark ins Ohr geht und zum Tanzen oder mindestens Zappeln animiert. Gemeint ist Tanzen, kein pseuodaggressives Rumgefuchtel und kein Trocken-Karate. Was nicht bedeutet, dass sich zu den Liedern von „Modern Ruin“ keine Pits aufstellen lassen oder Popo-Partys stattfinden könnten.
Im Gegenteil, „Modern Ruin“ profitiert enorm von kluger, druckvoller Schlagzeugarbeit („Real Life“) und auf den Punkt geknurrtem Bass. FRANK CARTER & THE RATTLESNAKES lassen nichts vor sich hin plätschern oder blubbern, streifen frech Punk, Pop, Blues („Acid Veins“) und Rock, als ob es einfach so erlaubt wäre. „Modern Ruin“ ist somit eine mutige Platte, die sich um nichts wirklich schert und trotzdem Wert auf Klasse und Details legt.
Wer Frank Carter wegen seiner kurzen Zündschnur und seinen authentischen Emotionen schätzt, wird mit dem euphorisierenden „God Is My Fiend“ und dem Wut-Quickie „Jackals“ glücklich werden, hier haben sich Dr. Jekyll und Mr. Hyde jeweils verabredet. Die Ruhe nach dem Sturm bietet das enge und etwas melancholische „Thunder“ – Mega-Flashback zu ARCTIC MONKEYs „Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not“, nur dass die niemals einen einzigen derart packenden Refrain geschrieben haben, wie sie FRANK CARTER & THE RATTLESNAKES auf „Modern Ruin“ zuhauf bieten. Selbst im stark zwischen Pogo-Punk und harsch gerifften Rock pendelnden Titelsong, schafft Frank Carter noch aus blutiger Kehle einen nachdrücklichen Refrain zu stempeln.
Tanzen im Pit mit FRANK CARTER & THE RATTLESNAKES
FRANK CARTER & THE RATTLESNAKES beschreiten auf „Modern Ruin“ manchmal einen ähnlichen Weg, wie ihn die BEATSTEAKS 2011 mit „Boombox“ einschlugen (und dem folgenden Album gleich wieder rückwärts schlichen) und packen obendrauf noch eine Schippe schillernde Irre. Frank Carter hat immer 1,2 PS mehr… einer, der nicht aus seiner Haut kann und der gerne mal im Vorbeigehen ein Fass anzündet, explodieren lässt und grinsend weg rennt. All das macht „Modern Ruin“ soviel besser, als den sowieso schon guten Vorgänger „Blossom“ – FRANK CARTER & THE RATTLESNAKES greifen mit „Modern Ruin“ richtig an. Die Klapperschlange züngelt und rasselt auch erst, bevor sie beißt.
Ich kann mich der Rezension nur anschließen. Die melodische Wut des Vorgängers wird hier noch ein wenig abgerundet und dadurch ohrwurmtauglicher. Man findet hier keinen „Juggernaut“ aber dafür Melodien und Refrains die einfach mitreißen. Teilweise hat man das Gefühl, dass die alten Arctic Monkeys einfach völlig pissed off sind. 1 Punkt Abzug lediglich, weil ich mir aufgrund des Vorgängerwerks ein wenig mehr Aggression erhofft hätte. Das ist aber rein subjektiv.