Das Redakteursdasein hält so manche Überraschung bereit. Oftmals sind es negative, wenn das neue Album der Lieblingsband ein Reinfall ist oder man noch eine durchschnittliche Möchtegern-Truppe vorgesetzt bekommt. Manchmal sind es auch positive, wenn ein typischer Verteiler-Restposten, der einem Schreiberling zusätzlich aufgedrückt wird, denjenigen überraschend umhaut. FOREST OF THE SOULs Drittwerk zählte auch zu den Restposten des letzten Verteilers, denen sich niemand gern annehmen wollte. Ein Glück für mich, dass ich es tat, denn “Restless In Flight” fällt zweifelsohne in die zweite Kategorie der Überraschungen.
Warum sich die metal.de-Redaktion nicht gerade um FOREST OF THE SOUL gestritten hat, lässt sich meiner Meinung nach schlicht mit der Genre-Angabe “Folk” erklären, die die meisten wohl mit den vielen peinlich-dudeligen Folk Rock/Metal-Kapellen assoziieren, die in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden schossen (und zumeist ebenso schnell wieder verschwanden). Doch mit solchen Bands hat das US-amerikanische Duo zum Glück rein gar nichts gemein, die Musik, die sie auf “Restless In Flight” präsentieren, lässt sich viel mehr als traditionell-authenthischer, emotionaler Folk Rock mit progressiven Zügen bezeichnen. Der Fokus liegt dabei zumeist auf dem Instrumentalen, doch auch der schöne, markante Gesang übernimmt hin und wieder die Führung, stellt die Musik jedoch nie in den Schatten. Zudem machen sich FOREST OF THE SOUL rein gar nichts aus Genre-Grenzen und schielen mal gen Classic Rock, mal gen Blues, mal gen Country, integrieren Elemente aus amerikanischen Traditionals ebenso wie solche der irischen Folklore in die Songs und liefern dem Hörer so ein unglaublich abwechlsungsreiches und dennoch stimmiges Album, das nie langweilig wird, den Hörer mitreißt, berührt, fordert, entspannt, zum Nachdenken sowie zum Feiern anregt und auch nach vielen Durchläufen noch genauso viel Freude bereitet wie beim ersten Mal.
Dazu kommt, dass “Restless In Flight” auf einem sehr hohen Niveau angesiedelt ist, jedoch nie zu einer reinen Präsentation der Fertigkeiten der Musiker ausufert. FOREST OF THE SOUL beherrschen ihre Instrumente perfekt, lassen dies jedoch einzig bei manchen eingestreuten Soli wirklich heraus hängen und investieren ihre Fähigkeiten ansonsten schlicht ins Schreiben fantastischer Songs, die zwar komplex und anspruchsvoll sind, sich jedoch nie in Verschachtelungen verlieren und den Hörer exakt so sehr beanspruchen, dass er sich konzentrieren, aber nicht überanstrengen muss, um die Musik zu verstehen, sie genießen zu können.
Ehrlich gesagt hat mich schon seit langem kein Album mehr so schnell derart bezaubern, beeindrucken und fesseln können. Dennoch fehlt der letzte Schritt zum absoluten Überalbum, leider kann ich nicht festmachen, woran das liegt. Dennoch gibt’s von mir eine unbedingte Kaufempfehlung, ein Fehlgriff ist bei diesem Werk ausgeschlossen.
Ich fühle mich hier teilweise an Agalloch erinnert, ohne deren schwarzmetallische Schlagseite. Dafür ist ein ganz großer Schlag Irland enthalten. Der Gesang ist mitunter ein wenig seltsam, irgendwie näselnd. Pagan/ Viiking Metal ist dies ganz gewiß nicht. Das Metal ist überhaupt zu streichen. Folk oder Folk Rock trifft es eher. Gute Scheibe.
Pagan/Viking ist es auch sicher nicht, musste ich nur leider als Headgenre wählen, um Folk Rock angeben zu können.