Foo Fighters - Medicine At Midnight

Review

Eigentlich wurde über diese Band bereits alles gesagt. Jetzt veröffentlichen die FOO FIGHTERS mit “Medicine At Midnight” bereits ihr zehntes Studioalbum. Das spricht für den unermüdlichen Arbeitseifer von Mastermind Dave Grohl, der sich in seiner Laufbahn in so manch einem weiteren Projekt musikalisch verdingt hat. Der kreative Output scheint bei diesem Mann jedenfalls aus einer unerschöpflichen Quelle zu sprudeln. Die Ur-Aufführung von “Shame Shame” im November, regte Debatten und Spekulationen ob eines komplett neuen Weges der FOO FIGHTERS an.

Die FOO FIGHTERS greifen gerne zu

Völlig unbegründet waren die Sorgen, dass die Band ihrer Verpflichtung für große Melodien und hymnische Refrains nicht mehr nachkommen würde. Zwar beginnt das Album etwas schüchtern mit hinter der vorgehaltenen Hand versteckten “NaNaNa”-Singalongs. “Making A Fire” mausert sich aber mit jeder Minute immer mehr zu einer typischen Grohl-Komposition. Das Arrangement wird alteingesessenen Fans sicherlich zu tanzbar sein, das hektische Ende schließt den Opener aber doch irgendwie rockig ab.

Dann greifen die FOO FIGHTERS wieder tief ins Stil-Mix-Säckchen und holen für das bereits bekannte “Shame Shame” ein wenig Elektronik und ungewohnt warmen, fast souligen Gesang hervor. Mit dem Pre-Chorus öffnet der Song seine Tore zur ersehnten Fläche, die mit tragenden Chören im ureigensten Dave-Grohl-Pathos dargereicht wird.

Stadionrock im Überfluss

Mit “Cloudspotter” ertönt endlich ein dickes Old-School-Riff, das sofort in die Beine geht. So klingen die FOO FIGHTERS einfach am besten. Aber auch für diesen klassischen Song wagt sich die Band ein wenig aus der eigenen Komfortzone heraus. So darf einem Frau-Mann-Paargesang gelauscht werden, der – man kann es nicht besser beschreiben – einfach super sexy daherkommt. Der starke Chorus erinnert an Grohls Kollaboration mit Josh Homme.

Spätestens mit dem vierten Song “Waiting On A War” hat man das Gefühl, wieder bei einem traditionellen FOO-FIGHTERS-Album angekommen zu sein. Immerhin gibt sich Grohl hier als rotziger Songwriter, der alleine mit einer Western-Gitarre und seiner Stimme bewaffnet, ein ganzes Stadion um den Finger wickeln kann. Nach einem drei-stündigen Konzert kann Dave Grohls breitbeiniger, völlig überzogener Habitus auch mal nerven. Komprimiert auf knappe vier Minuten, macht ein Song wie “Waiting On A War” aber einfach nur Spaß.

 InDie Disco

Die restliche Platte prescht aber nicht ausschließlich nach vorn, sondern wird mit Songs wie “Medicine At Midnight” abwechslungsreich gestaltet. Das Stück beschwört den Geist einstiger Disco-Pioniere herauf , wobei das Songwriting unter dem Glitzer-Topping verborgen bleibt. Zu gewöhnungsbedürftig ist der Vintage-Hall der Marke “Max Headroom” auf der Stimme.  Auch die vereinzelten Synthesizer und funky geschnippten Gitarren passen nicht zur Band.

Mit einer grandiosen Neuentdeckung im Soundfundus der FOO FIGHTERS läutet “No Son Of Mine” den Höhepunkt des Albums ein. Von fetten Gitarren begleitet intoniert Grohl eine schräge Gruselmelodie, die gleichzeitig die Hookline des Songs darstellt. Das Teil geht einfach ab, wird im Pre-Chorus für wenige Sekunden mit einem Half-Beat gedrosselt und explodiert im Refrain erneut. Endlich ist der angezerrte Gesang zu hören und endlich leitet ein genialer Riff-Auftakt wieder zum Rock-Solo ein. Das Lied bietet einerseits pfeilgeraden Horror-Punk aus dem Lehrbuch, andererseits spürt man beim Hören eine Sehnsucht nach einem vollgepackten Club und ausgelassenem Feiern.

Gut kopiert ist halb gewonnen

Mit den folgenden Songs ließe sich eine Post-Grunge-Dokumention veredeln. “Holding Poison” besitzt ein Intro, das Liebhaber bereits auf PEARL JAMs “Yield” anno 1998 gehört haben könnten. Der Song entwickelt sich weiterhin zu einem EAGLES-OF-DEATH-METAL-Abklatsch in Reinkultur. Dieser drastische Vermerk muss nicht unbedingt negativ besetzt sein, denn immerhin verleihen die FOO FIGHTERS  dem Arrangement mit einem unerwarteten Taktwechsel ab der dritten Minute, eine vollkommen andere Stimmung. Zwischendurch ist eine Bridge zu hören, die mit etwas Phantasie gar an “Bohemian Rhapsody” erinnert.

Einen echten Tiefpunkt erreicht “Medicine At Midnight” mit der Wiedergeburt eines alten RED-HOT-CHILI-PEPPERS-Schinkens aus Frusciante-Zeiten. Allein der Titel “Chasing Birds” lässt nichts gutes vermuten. Grohl biedert sich Kiedis nasalem Gesang an und alles in allem ist der Mix einfach zu liebzreizend.

“Medicine At Midnight” findet ein wohlwollendes Ende

Nach dieser verzichtbaren Episode galoppieren die Gitarren mit “Love Dies Young” auf die Zielgerade. Der feudale 4/4-Takter hat das Potential zu einem neuen Hit auf der Setlist. Natürlich kann man den Refrain nach dem ersten Mal problemlos mitsingen. Letztlich wird das teilweise experimentierfreudige Album an dieser Stelle aber sehr typisch und auch vorhersehbar beendet.

“Medicine At Midnight” stellt zwar kein essentielles Werk im Katalog der FOO FIGHTERS dar, ist  in seiner Gesamtdarbietung aber eine zeitgemäße und zugängliche Platte. Auch wenn die Produktion gerne wieder rotziger werden darf, werden auch die älteren Fans in Sachen Melodiefindung und Stadionatmosphäre nicht enttäuscht.

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03.02.2021

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