Flying Colors - Flying Colors

Review

Als eine wirklich sehr angenehme Überraschung entpuppte sich für mich das FLYING COLORS Album. Vorher noch überhaupt nichts davon mitbekommen, steckt dahinter niemand geringeres als die Creme de la Creme der Prog-Szene: Mike Portnoy (u. a. ex-DREAM THEATER, TRANSATLANTIC), Dave LaRue (u. a. STEVE MORSE BAND), Neal Morse (u. a. TRANSATLANTIC, ex-SPOCK’S BEARD), Casey McPherson (ALPHA REV) und Steve Morse (u. a. DEEP PURPLE, STEVE MORSE BAND, DIXIE DREGS).

Erstaunlich, dass eine solche Konstellation ohne großen Rummel und Vorschusslorbeeren ins Rennen geschickt wird. Und das auch noch in Anbetracht dessen, dass dahinter eine spannende Idee steckt: äußerst versierte, virtuose Musiker erschaffen zusammen mit einem Popsänger neumodische Musik, und das auf altmodische Weise. Das Ganze entstammt dem Hirn des ausführenden Produzenten Bill Evans, welcher seine Vision 2008 den Musikern und Produzent Peter Collins vorstellte. 2011 wurden die Stücke innerhalb von neun Tagen komponiert.

Gleich der Opener „Blue Ocean“, hier in erster Linie die Gesangsharmonien, trägt deutlich die Handschrift von Neal Morse. Mit ostinatem Anfang, sehr prägnantem Bassläufen und starkem Refrain, musikalisch irgendwo zwischen Fusion-Rock und Pop angesiedelt. Überhaupt ist der Einfluss gerade von Neal Morse auf dem Album deutlich zu hören, Stücke wie der poppige Ohrwurm „The Storm“ mit seinem Potenzial zum Single-Hit oder „Everything Changes“ entsprechen seinem typischen Muster, sind in ihrer knackigen Ausführung leicht reduziert, erfrischend und klassisch zugleich, mit herrlich gefühlvollen Gitarrensoli des Steve Morse. Bei erwähnten sehr melodischen Stücken fühlt man sich hier und da an die Anfänge von SPOCK’S BEARD erinnert. Doch es gibt noch mehr zu entdecken!

„Should Coulda Woulda“ ist eingängig und progressiv zugleich, „Kayla“ pendelt in Richtung Classic Rock, hier treten die Keyboards stärker in den Hintergrund, während das rhythmisch komplizierte „Forever In A Daze“ sehr funkig tönt und „Love Is What Im Waiting For“ zitiert angenehm THE BEATLES. Und der flotte Prog-Song „All Falls Down“ erscheint mir eine hektische, frickelige Portnoy-Nummer zu sein, erinnert hier und da an MUSE. Das Highlight des Albums ist jedoch das abschließende progressive „Infinite Fire“ – epische 12 Minuten mit ausuferndem Solopart zu einer Jamsession, sehr variantenreichem Gitarrenspiel, vielen Tempowechseln und einem Feuerwerk an überragenden Melodien.

Im Grunde sind alle Stücke durch die Bank wirklich starke Kompositionen, brillant umgesetzt, kein Wunder bei den Protagonisten. Auffallend ist, dass sich Neal Morse beim Gesang überraschend zurückhält und das Feld weitgehend McPherson mit seiner leicht kehligen Rock-Stimme überlässt, welche irgendwo zwischen Chris Martin von COLDPLAY Matthew Bellamy von MUSE liegt.

Man könnte jetzt die hohe Eingängigkeit, ja den hohen Pop-Faktor der Stücke kritisieren, dass es sich um ein am Reißbrett entstandenes Projekt handelt. Doch dass es sich hierbei um eine rein kommerzielle Geschichte handelt, fällt schon alleine aufgrund der nicht gerade ausufernden Promotion flach.

Letztendlich zählt doch nur die Musik, und die hat es wirklich in sich. Anspruchsvoller, melodischer US-Prog-Pop-Rock, mit klarem Fokus auf die Instrumentalparts, zeitgenössisch interpretiert, klassisch vorgetragen, von Meistern ihres Fachs. Beschwingte, kompositorisch ausgefeilte Gute-Laune-Lieder für alle Lebenslagen.

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21.03.2012

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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2 Kommentare zu Flying Colors - Flying Colors

  1. jörch sagt:

    Tolles album, das bei jedem neuen Hören seine Schätze offenbart. Tolle Hooks, grandiose Soli wunderbarer Satzgesang. Lässt sich in keine Schublade stecken. Steve Morse mit himmlischen Soli. Das beste Album, dass mir seit langen untergekommen ist.

  2. rarebird sagt:

    das kann man nur voll unterschreiben – ein wirkliches highlight anspruchsvoller rockmusik, von heavy bis progressiv. steve morse würde man sich immer so wünschen! und die songs? im wahrsten sinne des wortes „songs“, da bleibt bei aller viruosität auch was hängen, etwa bei „kayla“ oder „everything changes“. auch ich finde, das keine typische handschrift dominiert, etwa von neal morse, dass man sich trotzdem angenehm „zu hause“fühlt. klar, mike portnoy wird man auf jeder veröffentlichung wieder erkennen. aber es bleibt songdienlich. also: daumen hoch!