Flame, Dear Flame - The Millennial Heartbeat (EP)

Review

Es ist immer wieder erstaunlich. Man kennt die Zutaten ganz genau, die eine Band verwendet, um ihren Sound zu kreieren. Die verschiedenen Einflüsse sind deutlich heraushörbar. Und dennoch überrascht das Ergebnis, obwohl man doch darauf gefasst sein müsste. Wenn aus dem Zusammenfügen verschiedener Stilrichtungen nicht nur die Summe aller Teile wird, sondern daraus tatsächlich etwas neues, eigenes entsteht, dann hat eine Band sehr viel richtig gemacht. Gilt das auch für den Doom, den die Newcomer FLAME, DEAR FLAME aus Braunschweig auf ihrer Debüt-EP „The Millennial Heartbeat“ präsentieren?

FLAME, DEAR FLAME – Vergänglichkeit in drei Akten

Es geht um die Naturgewalten, aber die drei Teile von „The Millennial Heartbeat“ zeigen auch den ewigen Kreislauf der Vergänglichkeit allen Lebens auf. Demnach handelt es sich zwar  um drei separate Songs, die aber ohne einander nicht existieren könnten und in jeder Hinsicht ein stimmiges, großes Ganzes ergeben. Obwohl also alles auf der EP irgendwie zusammenhängt und die einzelnen Parts fließend ineinander übergehen, funktionieren diese musikalisch  auch als eigenständige Werke, die durchaus Alleinstellungsmerkmale aufweisen.

Während der erste Akt ruhig und atmosphärisch beginnt, setzt kurz darauf ein Riff ein, dass den Hörer zunächst glauben lässt, hier eine klassische Hard-Rock-Band vor sich zu haben, nur um dann vor Einsetzen des Gesangs einen Schlenker in Richtung Doom zu machen. Hier zeigt sich bereits, wie geschickt und selbstverständlich es die Niedersachsen verstehen, ihre Einflüsse miteinander zu verweben. Die glasklare Stimme von Maren Lemke schafft es gleichermaßen zu verzaubern, und dennoch eine gewisse Verzweiflung und Trostlosigkeit auszustrahlen und das vollkommen, ohne in die Gothic-Richtung abzudriften. Die traumhaft-verspielten Interludes von Gitarrist David Kuri (BOOZE CONTROL) zeigen außerdem, dass FLAME, DEAR FLAME keinesfalls dem Stoner-Doom zuzuordnen sind, da hier durchaus epischeres, à la SOLSTICE durchblitzt.

Akt Nummer zwei beginnt klassisch, das Eröffnungsriff erinnert sofort an Größen wie BLACK SABBATH oder PENTAGRAM. Passend dazu schaffen es Instrumentierung und Vocals, eine düstere, okkulte Stimmung aufzubauen. Gerade hier ist auch eine gewisse Ähnlichkeit zum, noch deutlich doomigeren, Erstwerk von LUCIFER um Johanna Sadonis auszumachen, obwohl auch, u.a. durch den Einsatz klagender Leads, wieder Strukturen aufgebrochen werden und eine ganz eigene Note entsteht.

Im dritten Teil schafft es die Band dann passenderweise, alle bislang gezeigten Stärken noch einmal zu einem packenden Finale zusammenzufügen. Böse Doom-Riffs, leichtfüßiger Hard-Rock, fantasievolle Zwischenspiele und vor allem die schönsten Gesangslinien der gesamten EP machen es einfach unmöglich, dem Geschehen nicht bis zum Ende folgen zu wollen.

Fesselnd und ausgereift – „The Millennial Heartbeat“

Wenn es an der Produktion etwas zu kritisieren gibt, dann ist es vielleicht der Drum-Sound, der sich zwar gut in den Mix einfügt, aber an einigen Stellen doch minimal mehr Druck hätte vertragen können. Dennoch ist auch das, insbesondere vor dem Hintergrund, dass „The Millennial Heartbeat“ vollständig in Eigenregie entstanden ist, meckern auf höchstem Niveau.

Natürlich bleibt noch ein klein wenig Luft nach oben. Die atmosphärischen Spielereien dürften in Zukunft gerne sogar noch etwas ausgebaut werden, aber ansonsten gilt: Bitte gar nicht allzu viel verändern, denn es ist schon etwas besonderes, wenn eine Band bereits mit ihrem allerersten Output ein derart fesselndes und ausgereiftes Werk vorlegt. Sollte auf einem, hoffentlich bald folgenden, Longplayer das hohe Niveau gehalten oder gar noch gesteigert werden können, steht uns möglicherweise etwas ganz Großes bevor. Einfach jeder, der auch nur im entferntesten etwas mit Doom – egal welcher Spielart – am Hut hat, sollte FLAME, DEAR FLAME unbedingt eine Chance geben.

26.03.2019

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

Exit mobile version