Flagellation - Incinerate Disintegrate

Review

Im Jahr des zehnjährigen Bandjubiläums und nach knapp neunjähriger Schaffenspause erscheint also dieses äußerlich unscheinbare Debut-Scheibchen aus Stockholm unerwartet und wie eine Laune der Natur aus dem Nichts. Fairerweise sei gesagt, dass für den minusrekordverdächtigen Veröffentlichungsturnus wohl eher Zeitmangel als Unmotiviertheit anzuführen ist: Die einzelnen Musiker sind – wie in Skandinavien üblich – samt und sonders in mehreren Bands unterwegs, exemplarisch herausgegriffen INSISION und LOCH VOSTOK. Da sich die Bandbreite der übrigen Combos darüber hinaus stilistisch von Thrash und Doom zu Black/Death oder Progressive Folk Metal erstreckt und der Promotions-Beipackzettel lautstark von einem ‚technical assault of epic deathmetal’ herumtönt, kann ich nicht verhindern, dass die Erwartungshaltung daraufhin ins Unermessliche steigt.

Sodann erklingt mit dem knapp anderthalbminütigen „Rendering The Apocalypse“ ein atmosphärisches, sich langsam steigerndes Intro, das auch in jedem Fantasystreifen hätte Verwendung finden können. Klassisch instrumentiert, aber nicht übertrieben bombastisch, mündet es in den schnellsten Song der Platte „Chaos In The Flesh“, der von der ersten Sekunde an jeden Widerstand im Keim erstickt. Nach dem zweistimmigen Intro-Riff, das wie KRISIUN nach einer Überdosis Knäckebrot klingt, packt das Sextett seine eigentlichen Stärken aus: Kurze, sich hinterhältig festsetzende Hooks im melodisch-diabolischen Grenzbereich, technisch vertrackte Rhythmus-Einlagen und Breaks gefolgt von triolischen Nackenbrechern. Dieses Konzept wird im Folgenden selbstverständlich beibehalten, nur eben in unterschiedlichen Schattierungen. Mit „Threshold To Madness“ folgt der längste und auch eingängigste Track und man begegnet neben Schwedentod-typischen Melodien, einem Keyboard- und Akustikgitarren-Break dem, was wohl als „episch“ angekündigt wurde, nämlich erstmals auf cleanen Gesang im Chorus. Selbiger erklingt auch im stilistisch ähnlichen „Purified By Fire“ und auch noch ein wenig höher und dann im wieder schneller aufspielenden Titeltrack wird sogar ein vollständiger Satz gesungen! Aber für den skeptischen Death Metal-Maniac besteht kein Grund zur Panik wegen solch gesangstechnischer Umtriebe, sind sie doch nicht besonders zahlreich. Aber was viel wichtiger ist: Sie passen zur Musik! Letzteres lässt sich auch über den Einsatz des Keyboards sagen, denn obwohl es immer präsent ist, matscht es glücklicherweise nicht alles zu. Als Outro schließt „Vast Desolation“ ab, welches als Instrumental trotz seiner Kürze seit langer Zeit mal wieder Daseinsberechtigung auf einem Album hat.

Der Erfahrung der Musiker ist es zu verdanken, dass sich die Scheibe trotz der zahlreichen technisch beeindruckenden Details und der abwechslungsreichen Instrumentierung gut anhören lässt, weil in erster Linie Wert auf flüssiges Songwriting gelegt wurde. Und dass die Produktion der Musik angemessen ist, war nicht anders zu erwarten.

Die eingangs erwähnten polternden Lobpreisungen seitens des Managements über „episch-technische Deathmetalangriffe“, seitenlange Band-Referenzen und schließlich das unscheinbare Coverartwork wirken nach mehren Hördurchgängen als höfliches Understatement… Lässt auf ein Full-Lenght-Album noch innerhalb dieser Dekade hoffen!

10.05.2007
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