Fjoergyn - Judasmesse

Review

Soundcheck Juni 2023# 18 Galerie mit 23 Bildern: Fjoergyn auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Auch nach sechs Jahren seit dem letzten Album „Lvcifer es“, beziehungsweise der vorgeschobenen EP „Terra Satanica“ bleiben sich die Thüringer Avantgarde-Black-Metaller treu: Nämlich vorwiegend darin, dass FJOERGYN eben nicht ausrechenbar sind. Zwar betont man aktuell, dass das sechste Studioalbum „Judasmesse“ eine bemerkenswerte Retro-Note mitbringe, wie das Debüt „Ernte Im Herbst“ klingt das Quintett nun aber doch nicht, sondern stützt sich weiterhin auf seine pathetischen, teils sperrigen Erzählungen in opulentem Gewand. Das Line-Up der Truppe bleibt seit dem Vorgänger unverändert.

„Judasmesse“ und der Verrat

Thematisch widmet sich das Album der Personifizierung des Verrats Judas Iskariot, der gemäß biblischer Überlieferung Jesus als einer dessen Jünger verraten hat. Auch die Geschichte Kain und Abels lassen FJOERGYN nicht unberührt, wobei hier Ersterer ebenfalls aus menschlicher Niedertracht zum ersten Mörder der Erde wurde. Im Kontext der Albumbeschreibung erscheinen die lyrischen Hintergründe nicht ganz unwichtig, denn „Judasmesse“ ist in der Gesamtbetrachtung ein bissiges, teilweise gar zynisches Album geworden, das, wie von der Band gewohnt, seine Kraft häufig aus der textlichen Darbietung schöpft.

Dazu teilen sich Marcelus W. und Stephan L. die große Bandbreite an Vocals, die sich von Flüstern bis hin zu wahnbelegten Schreien erstrecken. Nach zwei recht typischen FJOERGYN-Stücken folgt mit „Komm Abel lass uns aufs Feld gehen“ ein Instrumental-Stück, das durch seine warmen Saxophonklänge wie ein roter Teppich zur Schlachtbank klingt. Es riecht nach Verrat. Das nachfolgende, dreigeteilte Epos „Prometheus“ hält einige musikalische Überraschungen parat und arbeitet, neben den schwarzmetallischen Elementen, häufig mit keyboarduntermalten Rock-Klängen, die insbesondere die ersten beiden Teile manchmal sperrig wirken lassen. Am Besten funktioniert das beim abschließenden „Plagen“, das echtes Gänsehautfeeling beschwört.

Pathetisch, kinoreif, manchmal over the top

Damit läutet dieses Stück im letzten Drittel von „Judasmesse“ mit den schleppend eindringlichen Tracks „Vater(s)land“ und „Non Serviam“ teilweise die intensivsten Momente des Albums ein, die nochmals Kontraste zum vorher Gehörten bilden. Keine Überraschung, dass FJOERGYN auch auf diesem Output kein Easy-Listening bieten. Dennoch verlieren sich die Jenaer manchmal in Details wie phasenweise in der Prometheus-Songreihe.

So bietet der Fünfer auf „Judasmesse“ einmal mehr die volle Bandbreite. Passagen, die vor brennender Intensität fast schon physisch Eindruck machen, dann aber auch einige Parts, deren musikalische Deutung nicht immer vollständig ankommen will. FJOERGYN sind auch 2023 theatralisch, manchmal kinoreif, manchmal Pathos over the top, aber in jedem Fall doch wieder eine Hörreise wert.

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24.05.2023

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