Finsterforst - Mach Dich Frei

Review

FINSTERFORST sind mit ihrer mittlerweile vierten Platte „Mach Dich Frei“ deutlich mehr dem ursprünglichen Pagan Metal zugewandt, sodass der Vergleich mit EQUILIBRIUM stark hinkt. Die Schwarzwälder reiten scheinbar platte und deutlich gemächlichere Riffs ab und punkten weder mit Bierseeligkeit noch mit Schnelligkeit. Die Flötenspieler wurden grob beschnitten, mal abgesehen von einigen Intermezzi wird in anständige Instrumente geblasen. „Mach Dich Frei“ zehrt enorm von der Bläserfraktion, die den Arrangements als feste Wand den Rücken stärkt und als Prellbock fungiert. Gleiches gilt für den kehligen Gesang, der ebenfalls einen sehr hohen Mehrwert liefert, da er authentisch und emotionsgeladen klingt. Der zusätzliche heroische Klargesang hat ebenfalls starke Momente, wirkt aber manchmal auch unpassend.

Hass, innere Stärke, Naturverbundenheit und Zusammenhalt sind Themen, die FINSTERFORST auf „Mach Dich Frei“ umtreiben. Langsam, aber sicher rollt sich das deutsche Pagan-Pack einen Brocken nach dem anderen auf, den sie dann mit Hilfe von Doublebass oder massiven Klangwänden ins Tal rollen. Man sollte Zeit und Muse mitbringen, wenn man bereit ist, sich von FINSTERFORST einfangen zu lassen. Ein gewisser Entdeckerdrang und die Bereitschaft, teilweise zermürbende Kompositionen auf sich einwirken zu lassen, sollte schon da sein. Einerseits ehrt die Band die Konsequenz, in ihrer Muttersprache zu singen, und einige Strophen sind durchaus ansprechend und treffend formuliert. Aber andererseits hat sich auch so mancher lyrischer Makel auf „Mach Dich Frei“ eingeschlichen. Letztendlich krankt das aktuelle Werk aber an überbordender Atmosphäre, selbst gute Momente werden durch unnötiges Auswalzen ihrer Besonderheit beraubt. Wo die Bläser in „Schicksals End'“ noch überzeugen, klingen sie in „Zeit für Hass“ schon zu ähnlich und im Titeltrack „Mach Dich Frei!“ erst recht. Gleiches gilt für das Akkordeon und den Riff-Aufbau, hier wäre eine weitere kreative Note sinnvoll gewesen. Für 80% der Songs hätte ich mir zwischen dem ansprechenden Anfang und dem meist sehr fulminanten und überzeugenden Ende einen fetten Schnitt und eine drastische Kürzung gewünscht.

Die Geschichte von „Mach Dich Frei“ scheint relativ schnell erzählt zu sein und statt spannender Schlachten, irreführender und überraschender Wendungen arbeitet alles auf den Ausgang hin. Häufig scheint es so, dass FINSTERFORST schlicht kein Ende finden, weshalb „Mach Dich Frei“ letztendlich auch erst nach über 70 Minuten ins Ziel läuft. Und die Beweggründe, für einen Song wie „Finsterforst“ dann 24 Minuten zu beanspruchen, bleiben schleierhaft. Und zwar deshalb, weil sich die Länge schlicht nicht rechtfertigen lässt. Es entsteht weder eine bleierne und angenehme Schwere, die durch ständige Wiederholung erzeugt werden könnte. Es gibt weder ein phantasievolles Intro noch passiert in dem Stück überdurchschnittlich viel. FINSTERFORST erreichen bei weitem nicht die Qualität von FALKENBACH, EINHERJER oder gar MOONSORROW, auch wenn „Mach Dich Frei“ streckenweise selbstverständlich auch gut unterhält („Mann gegen Mensch“). Ich hätte aber gerne mehr Abenteuer erlebt.

22.01.2015
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