Was tut eine Band wie FINNTROLL, wenn sie mit „Nattfödd“ bereits ein mit Hits vollgepacktes Album veröffentlicht hat, das in dieser Art nicht mehr zu toppen ist? Was tut sie, wenn sie wie mit „Ur Jordens Djup“ verstärkt auf Soundtrack-Collagen gesetzt hat, während aus aller Herren Länder Bands auftauchen, die im eigenen Vorgarten wildern? Eine Möglichkeit: Sich einfach nicht beirren lassen, neue Songs schreiben und ein neues Album aufnehmen. Dann aber sollte die Scheibe schon die Qualitäten von „Nifelvind“ aufweisen.
Ein kurzer Rückblick: Vor drei Jahren veröffentlichten FINNTROLL „Ur Jordens Djup“ und mussten einerseits aus oben genannten Gründen neue Wege einschlagen, andererseits (wieder) einen neuen Sänger integrieren – was im Rückblick gut geklappt hat. Nun heißt es aber, die Konkurrenz im Zaume zu halten, und das wäre bei einer erneuten Kurskorrektur wohl nicht geglückt. „Nifelvind“ besinnt sich also auf die Stärken der einzelnen Songs und klingt wesentlich homogener als „Ur Jordens Djup“, ohne auf dessen neugewonnene Klangfarben zu verzichten. Kurioser Umstand am Rande: Obwohl Live-Keyboarder Virta mittlerweile zum festen Mitglied bei FINNTROLL aufgestiegen ist und auch bei den Aufnahmen mit dabei war, sind auf „Nifelvind“ doch weniger Keyboards zu finden als auf dem Vorgänger.
Was sich im Intro „Blodmarsch“ indes noch nicht zeigt: Bedrohlich und witzig zugleich klingen die Klangcollagen, majestätisch und heroisch, und ein gelungener Auftakt zu „Solsagan“. Ein Stück, das mit seinen sägenden Gitarren und dem blastenden Schlagzeug zunächst schwarzmetallisch unterwegs ist, dann die für FINNTROLL so typischen Zutaten auffährt. Bestechend und mitreißend zugleich. „Den Frusna Munnen“ und „I Trädens Sång“ beziehen ihren Reiz aus dem Zusammenspiel von Gitarren und Keyboards, während „Ett Norrskensdåd“ auf einer dieser geliebten folkloristischen Melodien basiert. Das gilt auch für „Tiden Utan Tid“, wenngleich das Stück doch wesentlich düsterer ist. „Galgasång“ wiederum ist ein komplett akustisches Lied mit Klargesang und Banjo (scheint in Finnland gerade groß in Mode zu sein – siehe ENSIFERUM).
Genau der richtige Kontrast zum stampfenden „Mot Skuggornas Värld“ – nicht nur hier zeigt sich, dass Sänger Vreth zunehmend über das für diese Musik richtige Grollen in der Stimme verfügt – das war für mich noch einer der Kritikpunkte auf dem Vorgängeralbum. Einziger Kritikpunkt an „Nifelvind“: Das allzu sehr auf Mitschunkeln getrimmte „Under Bergens Rot“ will mir in seiner Direktheit nicht so sehr gefallen wie die restlichen Stücke. Dass diese nach mehrmaligem Hören ihre Wirkung nicht verlieren, ist wiederum ein großer Pluspunkt von „Nifelvind“.
Kurzum: FINNTROLL können mit ihrem neuen Album ein weiteres Mal überzeugen, was vor allem an der Güte der einzelnen Songs liegt. So große Veränderungen in eine neue Richtung (wie auf dem letzten Album) sind diesmal zwar nicht zu verzeichnen, aber die Band spielt souverän all ihre Stärken aus. Und all die possierlichen Gesellen, die sich in der Zwischenzeit auf alten Lagerplätzen breitgemacht und dort ihre Feste gefeiert haben, werden wieder zurück in den Wald gescheucht und müssen nun zusehen, wie Trolle richtig feiern.
Nifelvind klingt wie eine Mischung aus Nattföd und Ur Jordens Djup. Der Folkanteil wurde wieder etwas angehoben, der aggressivere Anteil jedoch keineswegs zurückgeschraubt. Verwunderlich, werden andere Folk-Combos mit der Zeit immer massentauglicher und "zugänglicher" (d.h. langweiliger). Finntroll ist eine Band, die immer noch nichts von ihrem ursprünglichem Charme verloren hat und so gerade langjährigen und treuen Fans immer die Qualität bieten wird, die sie so einzigartig macht. Könnten Finntroll je ein schlechtes Album machen? Nein!
Finntroll haben sich mit Nifelvind ins eigene Fleisch geschnitten und das sehr tief. Bei Songs wie "Solsagan" oder "Under bergets rot" werden alle Stärken aufgefahren, und man denkt sich: Bitte mehr davon! Aber was sich da sonst noch auf "Nifelvind" tummelt hat jede meiner Erwartungen enttäuscht. Die Hummpa-Einflüsse sind teilweise einfach nur noch nervig und die Songs haben überhaupt keinen Spannungsbogen mehr. Auch der Black Metal Anteil ist wieder zurückgefahren worden und musste dem Gedudel weichen, was ich sehr schade finde. 1-2 gute Ideen lassen sich dann aber doch noch anfinden, aber ich kann mir diese CD 2 Mal, 10 Mal oder 100 Mal anhören, mehr als 4 Punkte sind nicht drin. Da tun mir sogar die 20€ weh, die ich für die Limited Edition hinblettern musste. Finntroll sind zwar immer noch besser als diverse Genrekollegen, besonders das Vorgängeralbum "Ur jordens djup" ist als kleines Meisterwerk zu bezeichnen, aber wenn sie so weitermachen driften sie langsam aber sicher ab in Richtung Belanglosigkeit.