Ferndal - Ferndal

Review

In einer überfüllten Black-Metal-Szene gebe es wenige Gründe, noch eine weitere Band zu gründen, heißt es in der Presseinfo zum ersten, gleichnamigen FERNDAL-Album, und trotzdem fanden die fünf Musiker genügend Argumente, dieses Unternehmen anzugehen. Gut und schön, und immerhin liest sich die Zusammensetzung nicht schlecht: Alboin und Abarus von EÏS bzw. Ex-GEÏST sind dabei, und dazu die Violoncellistin Lestaya nicht als Ergänzung, sondern als vollwertiges Bandmitglied und sogar Co-Songwriterin (neben Sänger und Bassist Sorathiel). Das Violoncello, so heißt es bei FERNDAL, solle als gleichberechtigtes Instrument neben den beiden verzerrten Gitarren stehen. Prinzipiell klingt das Konzept also interessant und tatsächlich nach etwas Neuem. In der Ausführung hapert es allerdings an so mancher Stelle, weshalb es auf „Ferndal“ letztlich doch nicht zum ganz großen Streich langt.

FERNDAL sind am spannendsten, wenn sie WINDIR interpretieren

Denn, soviel vorweg, das Spannendste an „Ferndal“ ist das ausschließlich mit klassischen Instrumenten eingespielte Cover des WINDIR-Songs „Arntor“, das bei FERNDAL „Klavierquintett in G-Moll – Arntor“ heißt („Seht her! Schaut uns an, wie kunstvoll wir sind!“) und in der Tat spannend, dynamisch und sehr emotional klingt. Ansonsten bieten FERNDAL wenig, was nicht andere Bands aus dem moderneren, vor allem deutschsprachigen Melodic-Black-Metal-Sektor nicht auch schon geboten hätten.

EÏS als Hauptbetätigungsfeld zweier FERNDAL-Musiker drängt sich natürlich als Vergleich auf und kommt auch ungefähr hin, näher sind jedoch noch IMPERIUM DEKADENZ in ihren flotteren Momenten, auch WALDGEFLÜSTER und WINTERFYLLETH sind Namen, die beim Hören von „Ferndal“ durch den Kopf wandern. Bei FERNDAL immerhin mit Violoncello gespielt – was aber auch nicht so dominant heraussticht wie bei anderen Melodic-Black-Metal-Bands, die Streicher nutzen, man denke an DORNENREICH, man denke an die ersten beiden Alben der Briten A FOREST OF STARS.

Das eine Klischee gegen das andere ausgetauscht

Das würde alles nicht so schwer ins Gewicht fallen, zumal FERNDAL durchaus ein paar ganz interessante Momente auf ihrem Debüt untergebracht haben. Die zweite, sich aus einem Ruhepol heraus immer weiter hoch, bis in einen Blastpart steigernde Hälfte von „Ungelebtes Leben“ zum Beispiel überzeugt, auch das eröffnende, namens- und titelgebende „Ferndal“ birgt eine Menge Dynamik in sich. Spätestens bei den noch ganz netten, epischen FALKENBACH-Anleihen bei „In die Freiheit“, die von relativ peinlichen, klischeetriefenden Spoken Words abgelöst werden, ist dann aber Schluss mit dem Anspruch an das eigene Konzept.

Denn: Jopp, musikalisch ansatzweise was Neues. Aber spätestens, wenn von „Themen, die sich fernab jeglicher okkulter, orthodoxer oder anderer Klischees bewegen“ die Rede ist, muss postuliert werden: Lieber okkult-orthodoxe Klischees als pathosreiche Freiheitsbla-Rhetorik, wie sie mittlerweile jede Pagan-Metal-Band, die was auf sich hält, als Klischee aus dem Repertoire gestrichen hat. Was davon weniger schlimm ist, mag ja noch Geschmackssache sein, sich aber als der Erlöser der Black-Metal-Szene von allen Klischees zu inszenieren und dann lediglich andere Klischees zu bringen, das grenzt schon an Selbstbetrug.

Nicht weltbewegend, aber auch nicht schlecht

Und so bleibt unter dem Strich ein Debütalbum, das durchaus seine Momente hat, aber eben am besten ist, wenn es WINDIR uminterpretiert. Etwas großartig Neues wird lediglich durch das Violoncello geboten, das allerdings nur zwischendurch Akzente setzt und sich sonst nicht auffälliger verhält als die Streichinstrumente, die sich im melodischen Black-Metal-Sektor überall mal wieder finden lassen. „Ferndal“ ist ein prätentiöses Album; ein Album, das sehr viel mehr sein will, als es tatsächlich ist – aber zieht man das alles ab, steht letztlich ein solides Melodic-Black-Metal-Album. Fans der oben genannten Vergleichsbands können mit FERNDAL glücklich werden, solange sie nicht die angekündigte Offenbarung erwarten.

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21.04.2017

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1 Kommentar zu Ferndal - Ferndal

  1. klangteppich sagt:

    Kann der Review in mehreren Punkten zustimmen, gerade die Spoken Words wirken wirklich etwas deplatziert. Da mir die Musik auf der Scheibe aber ansonsten sehr gut gefällt und etwaige Presseinfos für mich nicht wirklich ins Gewicht fallen, gibt´s von mir 8/10.

    8/10