Die Geschichte mit dem dritten Album kennen wir alle. Es gibt aber noch eine über das zweite – nämlich das Album, das Bands nach einem erfolgreichen Comeback veröffentlichen. Wird der Kurs gehalten, wird die Qualität gehalten – wo geht die Reise hin? Diese Fragen warfen sich auf, nachdem FEAR FACTORY mit „Mechanize“ in der Tat sehr erfolgreich zurückgekommen waren. Im Nachhinein muss ich auch eingestehen, mit meiner damaligen Wertung ein bisschen zu streng gewesen zu sein. Denn „Mechanize“ hat viel von dem, was das neue Opus „The Industrialist“ leider missen lässt. Doch der Reihe nach:
„The Industrialist“ startet vollmundig und majestätisch. Die Synthesizer und schwerfälligen Riffs zu Beginn erinnern an „Christploitation“, und sobald das Schlagzeug einsetzt, befindet man sich als Hörer genau dort, wo sich der Vorgänger perfekt eingenistet hatte: zwischen „Demanufacture“ und „Obsolete“. Der Refrain ist zwar etwas schwachbrüstig, aber nichtsdestotrotz gelingt der Einstand mehr als satt und überzeugend. Noch kein Album der Industrial-Metal-Institution hat je einen schlechten Start erwischt, und da ist das neue Werk keine Ausnahme.
Mit dem folgenden „Recharger“ bestärkt sich dann das Gefühl der déjà-vus. Die instrumentale Herangehensweise, die teils identischen Strukturen in den Songs und ihren Melodien verstärken den Eindruck, dass „The Industrialist“ so etwas wie der kleine Bruder von „Mechanize“ geworden ist. Es folgen eine ganze Reihe Songs, die vom gleichen Vibe leben: „New Messiah“ mit schönem Refrain empfiehlt sich v.a. für Fans von „Archetype“, „God Eater“ ist eine krachende midtempo-Nummer mit atmosphärischen Synths, „Depraved Mind Murder“ und „Virus Of Faith“ hämmern solide, wie man das von der gut geölten Maschine namens FEAR FACTORY erwartet. Allein, es fehlen die berühmten Kicks, die Momente des Einschlags, die zündenden Hits. „Difference Engine“ ist trotz seiner Klasse allenfalls hitverdächtig, stärker ist da noch „Disassemble“, mit dem FEAR FACTORY kurz vor Schluß nochmal aus allen Rohren feuern. Der in meinen Augen überzeugendste Track mündet in das melodische Intermezzo „Religion Is Flawed…“ und leitet nahtlos in den rein instrumentalen Abschlußtrack „Human Augmentation“ über. ‚Industrial ambient‘ könnte man es nennen, was hier an der Stelle des sonst üblichen melodischsten Songs (á la „Final Exit“) eines jeden FEAR FACTORY Albums steht.
Produktionstechnisch kann man natürlich nicht meckern. „The Industrialist“ knallt ähnlich gut wie sein Vorgänger, der Gitarrensound ist einen Hauch organischer und erinnert an „Archetype“, während nun das Schlagzeug deutlich klinischer klingt. Das liegt vor allem daran, dass FEAR FACTORY erstmals auf einen menschlichen Drummer verzichtet haben (programmiert wurden die Spuren von John Sankey). Mit dem Produktionsduo Fulber und Reely wird altbewährte Qualität mit Brad-Fiedel-Terminator-Feeling gewährleistet.
„Mechanize“ attestierte ich damals Stagnation auf hohem Niveau. Leider setzt sich dieser Trend auf „The Industrialist“ fort, was sicherlich auch der Tatsache geschuldet ist, dass Dino Cazares und Burton C. Bell nunmehr ganz allein auf sich gestellt (Termin-Schlagzeuger Hoglan hat andere Baustellen und Byron Stroud fehlte die Liebe) die Kompositionen übernommen haben. Während aber „Mechanize“ eine gelungene Reanimation des alten Vibes war, sind die beiden nun an einem Punkt angelangt, an dem ohne frischen Input von außen keine Steigerung mehr zu erwarten ist. Die Folge ist Redundanz und ein klarer Mangel an herausstechenden Momenten. Auch lyrisch wärmt „The Industrialist“ nur Altbekanntes neu auf. Die Geschichte dreht sich im Grunde um die Bewusstseinswerdung einer Maschine, die in ihrer Konsequenz das Ende der Menschheit einläutet. Nach dem Terminator-inspirierten „Demanufacture“ und „Obsolete“, die beide das Thema Mensch vs. Maschine beleuchteten, und nach „Digimortal“ mit seinem Entwurf zur Symbiose beider Figuren, bietet „The Industrialist“ nach seinem ebenfalls mechanisierten Vorgänger nichts, was FEAR FACTORY nicht schon längst gesagt hätten.
„The soul of this machine has improved“ war 2004 – anno 2012 ist die Maschine durch Routine geplagt und vorhersehbar geworden. Der Überraschungseffekt bleibt deshalb auf „The Industrialist“ aus.
PS: Das Album erscheint wieder in mehreren Versionen, darunter einer Deluxe-Version mit Bonustracks (inkl. einem Cover von PITCHSHIFTERs „Landfill“) und einer streng limitierten Metallbox.
Hm, so richtig ausm Hugo kommen die Jungs hier nicht. Da raffen sich die Streit- und Tratschtanten schonmal zusammen und veröffentlichen eine Scheiblette und heraus kommt nur Geht-So-Musik. Keine Hits, keine besonderen Stellen und ein nach Plastik klingendes Schlagzeug, das dieses Mal sogar tatsächlich ’ne Konservenbüchse ist. Wenn man bedenkt, dass Dino immer ’ne riesen Lippe hat, was für ein wegweisender Riffschmied er ist, ist das Resultat hier echt etwas ernüchternd. Veränderungen hab ich gar nicht erwartet, aber Hochklasse-Songs in gewohnter FF-Manier. Das hier ist halbgares Zeugs, mit wenigen guten Ausnahmen, welche die Scheibe dann gerade mal so über den Schnitt krebsen lassen. Ganz nett, nicht mehr.
Schon die letzten drei Alben waren sacköde. Aber das neue Album ist wohl der absolute Tiefpunkt im Schaffen der Band. Ich habe das Gefühl, die Band lebt in einer Blase, ruht sich auf ihrem vor eineinhalb Jahrzehnten erschaffenen Kultstatus aus und merkt gar nicht, dass sie sich im Kreise dreht. Aber auch sonst stimmt nichts. Produktion ist verhältnismäßig drucklos, Schlagzeug klingt nach Knackfrosch, Bell überraschend monoton und kraftlos, Songs nach Schablone. „The Industrialist“ ist keine Kunst, es ist ein Produkt, ja beinahe Vertragserfüllung.
So, nach etlichen weiteren Durchläufen muss ich sagen, dass mich die Platte total enttäuscht. Bis auf „New Messiah“ und evtl noch das PITCH SHIFTER Cover spricht mich kein Song besonders an. Totale Stangenware, langweilig und öde dahingenudelt. Ich korrigiere meine 6 nach unten… und zwar deutlich: 4/10
Im Grunde hat die Band nach Demanufacture nur noch schnarchige Alben rausgebracht. Selbst eben genannte Scheibe finde ich persönlich nicht soooo großartig. Ich würd auch nicht mehr als 4 Punkte geben.