Vor drei Jahren veröffentlichten FARSOT ihr Demo „042103Freitod“ und machten damit schon deutlich, dass man von ihnen einiges erwarten kann und wohl noch hören wird. Mit „IIII“ veröffentlichen sie nun dieser Tage ihr erstes Full-Lenght-Album, wobei ihnen dieses Mal voraussichtlich die Aufmerksamkeit zuteil werden soll, die das Demo schon verdient hätte. Mit einem Vertrag bei Lupus Lounge, Sublabel von Prophecy Productions, stehen der Band jedenfalls alle Türen offen. Dass die Tore nicht wieder ins Schloss fallen, dafür sorgen die Jungs allerdings selbst: Ihr aktuelles Album ist eine wirkliche Perle, die, vorausgesetzt, man schenkt ihr die nötige Aufmerksamkeit, aus dem Haufen von 0815-Veröffentlichungen heraussticht.
Easy-Listening, leicht konsumierbare und massentaugliche Musik vom Band, genau das bieten FARSOT nicht. Ihre Musik schreit nach Aufmerksamkeit, einem offenen Ohr und viel Zeit. Ich muss zugeben, dass ich mich anfangs selbst sehr schwer tat mit „IIII“; mittlerweile läuft das Album allerdings in Dauerrotation und – das kann ich mittlerweile nach wirklich vielen Hördurchgängen ruhigen Gewissens behaupten – wird mit jedem Mal noch ein bisschen besser. Mit jedem Hördurchgang erschließt sich eine neue Facette, sticht ein neues Detail ins Auge, schimmert eine andere Farbe hervor. „IIII“ ist ein Kunstwerk, das nicht den Gefallen tut, sofort ins Auge zu stechen, sofort verstanden zu werden. Mit dem Pinsel der Extremität schaffen FARSOT extreme Kontraste in einer atemberaubenden und irritierenden Klanglandschaft, die in tiefster Schwärze irisierend strahlen und verdunkeln. Apokalyptische Gitarrenparts rennen Hand in Hand mit infernalischem Kreischen und niederschmetterndem Drumming den Berg bis zur Spitze hinauf, werden immer schneller und bedrohlicher, und springen dann den Abgrund hinab. Stille. Rauschen. Ein sanfter Pianopart. Auch wenn das eben erwähnte Beispiel aus dem letzten Stück „Thematik: Trauer“ wohl einer der extremsten Augenblicke des Albums ist, ist die gesamte Musik geprägt von solchen Momenten. Scheinbar mühelos verwebt die Band Gegensätze, schafft aus Hitze und Kälte, Licht und Dunkelheit eine homogene Synthese. Es braucht Zeit und Konzentration, damit diese Momente sich erschließen. Wer suchet, der findet, heißt es. Bei FARSOT ist diese Suche ein genaues, intensives Hinhören. Der Fund: Eine überwältigende Klangwelt, deren atmosphärischer Sog den Hörer unvermeidlich hinabreißt, so er es zulässt. Dass „IIII“ etwas außergewöhnliches ist, zeigt sich schon bei den Songtiteln. „Thematik: Hass“, „Hass – Angst“, „Thematik: Angst“, „Angst – Tod“, „Thematik: Tod“, „Tod – Trauer“, „Thematik: Trauer“. Ein konzeptioneller Hintergrund wird hierbei recht schnell deutlich, inhaltlich wie musikalisch. Das Album ist keine Ansammlung einzelner Songs, sondern ein Gesamtkunstwerk. Als solches hat es auch betrachtet zu werden, wenngleich die Thematiken, die die wirklichen Songs der Scheibe darstellen, auch alle extrahiert fantastisch sind. „IIII“ ist FARSOTs niederschmetternde Vision menschlicher Abgründe.
Musikalisch bedeutet das ein Wechselspiel von laut und leise, schnell und langsam, hart und sanft. Sicher, ein liederliches Erzwingen von Atmosphäre durch überraschende Wechsel betreiben auch andere Kombos, bei FARSOT allerdings ist die Umsetzung nahezu perfekt. Absolut stimmig und schlüssig überrascht „IIII“ doch jedes Mal aufs Neue. Mal ist es der Bass, der aus dem Hintergrund hervordringt und die Aufmerksamkeit des Hörers für sich gewinnt, mal ein unerwarteter Wechsel. Hierbei geht die Band sehr detailbedacht vor, was der Spannung und Atmosphäre der Musik nur zuträglich ist. Natürlich gibt es auch Passagen, die nicht von Überraschungen geprägt sind. Atmosphärisch sind diese nichtsdestotrotz: Durch verzweifelt infernale Vocals, denen ich das Attribut echte Emotion anheften möchte, durch geniale Gitarrenmelodien und durch 100% Atmosphäre das gesamte Album über. Die Thematiken sind hierbei als Hauptsongs zu verstehen, die weiteren Stücke eher Überleitungen, die meist mit Metal nichts zu tun haben, aber dennoch absolut authentisch wirken. FARSOT liefern mit „IIII“ ein wirklich überraschend gutes Album, das nach vielen Hördurchläufen extreme Stärke und Größe zeigt. Wer ein atmosphärisches Juwel sucht und bereit ist, sich auf extreme Musik einzulassen, kommt an diesem Album nicht vorbei.
Ein Kleinod des Black Metals. Hier wird alles geboten, was man sich von technischen Black Metal verspricht. Eine weitere Band aus Deutschland, die den norwegischen Vorbildern nacheifert, aber mit einer Portion Eigenständigkeit und einem Gespür für Atmosphäre, die den heutigen norwegischen Black Metal-Vertretern in ihrer Experimentierfreude abhanden gekommen ist. Farsot haben sich mit diesem Album in die Speerspitze der Avantgarde Black Metal-Bands gespielt. Neben Helrunar, Imperium Dekadenz und Zarathustra ein erneuter Fingerzeig aus Deutschland, der aufhorchen lässt. Allein der letzte Track "Thematik: Trauer" mit seinen 20 min Länge stellt ein kompositorisches Meisterwerk dar, das alles beinhaltet, was guten Black Metal ausmacht. Unbedingt antesten!
Vielleicht ist es die Nostalgie, aber dieses Album holt mich immer noch komplett ab und hat bis heute nichts von seiner Wirkung eingebüßt.