Farin Urlaub Racing Team - Faszination Weltraum
Nadine Schmidt 
FARIN URLAUB RACING TEAM veröffentlichen mit „Faszination Weltraum“ endlich ein neues Album. Nach einem stürmischen Angriff und einer Herausforderung für die Ausdauer von Drummerin Rachel, geht es mit „Mein Lied“ stetig nach vorne und schön simpel los. Farin macht es den Fans einfach, und der Refrain „lalala“ überfordert erst mal nicht, schraubt aber im Gegenzug das Ohrwurm-Level auf Anschlag. Auch im weiteren Verlauf von „Faszination Weltraum“ steht die Eingängigkeit mal wieder als dickes Plus auf der Habenseite des FARIN URLAUB RACING TEAMs.
Wäre „Faszination Weltraum“ ein Rennwagen, würde er nicht besonders glänzen, somit kaum Neid erzeugen und sicher auch nicht der schnellste Wagen im Rennen sein. Dafür würde er sich aber durch gute Kurvenlage auszeichnen, mit langlebigen Reifen und hoher Widerstandsfähigkeit punkten. Im Bezug auf die Musik bedeutet dies, dass nicht alles auf Anhieb zündet und viele richtig gute Songs erst ab der zweiten Begegnung punkten. Gleiches gilt übrigens auch für das Cover, einfach mal ganz genau hinschauen… Letztendlich ist „Faszination Weltraum“ aber deutlich nachhaltiger als „Die Wahrheit Übers Lügen“, erreicht wiederum leider nicht den Charme von „Endlich Urlaub!“.
Die Streicher bei „Das Traurigste“, der grinsende Unterton beim drehenden „Newton Hatte Recht“ oder das zynische „¡Disco“, alles Feinheiten die beim ersten Vorbeirauschen gar nicht unbedingt ins Ohr springen. Der Titel „¡Disco“ führt in die Irre (und wurde garantiert nur mit dem spanischen Ausrufezeichen ausgestattet, um Journalisten mindestens 1x zum Denken zu zwingen). Handelt der Song doch nicht vom Tanzen, sondern von den Klappspaten, die überall herumirren und einem das Leben schwermachen. Wenn das FARIN URLAUB RACING TEAM das Drama mit Flamenco-Gitarren ausstaffiert, dann erscheint es doch gleich halb so wild. Die größte Veränderung ist die, wie die Texte formuliert sind. Farin Urlaub präsentiert Erkenntnisse, die er akzeptiert zu haben scheint, nichts wirkt wütend und provokant und noch dazu haben sich mit Tracks wie dem schwoofenden „AWG“ (steht nicht für „Alkohol wäre gut“, sondern für „Alles wird gut“), „Find Dich Gut“ oder „Immer Dabei“ versöhnliche Stücke eingeschlichen.
„Immer Dabei“ ist sicherlich der reifste Song, den das FARIN URLAUB RACING TEAM bis dato präsentiert hat, auch das Schlagzeug baut hier vorbildlich Druck auf. Wenn einer viel Fan-Post kriegt, dann sicher Farin Urlaub. Statt mit einem Song wie „Elke“ zu kontern, gibt es 2014 den Song „Fan“. Herr Urlaub nimmt den Kritikern die Worte aus dem Mund, Angriff ist bekanntlich die beste Verteidigung, und spaßigerweise kann häufig genau diese dezent beleidigte Argumentationskette nach Veröffentlichungen im Internet gelesen werden: Du warst mal cool, ich war dein Fan, du warst mal ein echter Star… ja, heult doch alle und kauft eine der hundertbillionen anderen Platten. Versöhnlich schließt Farin den Song aber mit „auf Wiedersehen“ ab…
Der Hörer wartet beim geschmeidigen „Sommer“ auf die fiese Pointe, auf die saure Wendung und muss dann erkennen, dass auch ein Farin Urlaub manchmal ohne Zynismus auskommt. Wobei eine Textzeile wie “ …komm‘ wir fahren meine Tanks leer…“ aus dem Munde von Urlaub seltsam wirkt. Genauso wie die Aufforderung, das Buch beiseite zu legen, das Hirn auszuschalten und zu tanzen („Heute Tanzen“). Dabei ist es doch kein Geheimnis, dass Urlaub nach eigenen Einschätzungen eher der Gattung Körperklaus und nicht der Marke ekstatischer Tänzer angehört. Rein musikalisch gibt es auf „Faszination Weltraum“ absolut nichts zu meckern, die vielfältige Mischung aus Rock und Punk, verziert mit Flamenco-Gitarren hier und jazzigem Bass dort, überzeugt. Einzige Frage – warum diesmal so wenig Ska? Die Texte sind weniger doll dreist, dafür aber nachhaltiger, transparenter und alltäglicher. „Faszination Weltraum“ hat somit sicher keine Pole-Position, startet aber trotzdem noch sehr weit vorne.
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