„Vigilance Perennial“ von FALLS OF RAUROS zu beurteilen, ist gar nicht so einfach. Es wird immer deutlicher, dass die Stärke der Amerikaner in den letzten 12 Jahren auch immer mehr zu deren Hindernis wird. Die liegt nämlich weiterhin in der variablen Gitarrenarbeit, an der es auch auf Album Nummer fünf nichts auszusetzen gibt. Im Gegenteil, wer sich den harschen Gesang wegdenkt, findet hier eine umfassende Werksschau der Ausdrucksweisen jeglicher Art von Gitarrenklänge. Fast schon verschenktes Potential, denn alleine aufgrund der Tatsache, dass FALLS OF RAUROS dem Black Metal zugehörig sind, werden viele Musikfans niemals auf die Idee kommen sich mit ihnen zu befassen.
Noch mehr Klingklang, weniger Kreischkrächz
Dass aber komplette Songs oder lange Szenen eben auch instrumental überzeugen oder ohne Gesang sogar besser sind, ist genau der Knackpunkt, ebenso wie das teilweise missglückte Verbinden von Songelementen. Auf „Vigilance Perennial“ folgt wirklich wenig einem hundsgemeinen Songaufbau, was einerseits schön ist, aber andererseits auch den Fluss der Platte etwas stört. Die Instrumente stechen den Gesang einfach schlichtweg aus. „Warm Quiet Centuries Of Rains“ startet sanftmütig und kommt vollkommen ohne Gesang aus. Singende Gitarren laden dazu ein, die Gedanken schweifen zu lassen und lösen sofort Wohlbehagen aus. Mittig platziert geben FALLS OF RAUROS dem Hörer die Möglichkeit Luft zu holen.
„Arrow & Kiln“ liefert dann wieder die komplette Bandbreite und noch viel mehr. Der Song startet mit einem wahren Schlagzeughagel, der lediglich von einzelnen hohen Tönen durchschlagen wird und nimmt über 12 Minuten einen äußerst überraschenden Verlauf mit allen Höhen und Tiefen inklusive tiefschwarzem Pagan-Anstrich. Dass FALLS OF RAUROS von epischen Erzählungen wie DER HERR DER RINGE inspiriert sind, hört man ihnen diesmal besonders an. Die meisten Songs sind vollgepackte, fast schon überladene, Abenteuer mit unheimlich viel Dramatik zwischen den Zeilen. „Impermanence Streakt Through Marble“ knüpft direkt an den Vorgänger an, was „Vigilance Perennial“ konzeptioneller und runder, aber die einzelnen Gesichter der Songs noch vager macht.
FALLS OF RAUROS wollen und können alles
FALLS OF RAUROS wollen und können alles, nur passt es manchmal nicht zusammen und der Hörer läuft Gefahr sich im Gesamtwerk zu verlieren. Atmosphärischer Black Metal zieht seine Kraft in der Regel aus Synthesizer, pompösen klassischen Elementen, weiblichem Gesang oder ganz selten mal aus akustischen Szenen. FALLS OF RAUROS aber verlassen sich auf die klassische Gitarre, schnörkeln trotzdem nicht sinnlos rum und lassen die Leidenschaft durch die Saiten in die Songs laufen.
Wer sich von Black Metal auch emotional einfangen lässt, ist eigentlich schon nach dem Opener „White Granite“ überzeugt. Wer auf Hits hofft, die sich komplett ins Ohrwurmzentrum einnisten, ist hier falsch. Wer schöne Musik einfach genießt und keinen Wert auf nachvollziehbare Strukturen legt, ist hier richtig. So viel Harmonien gab es noch nie von FALLS OF RAUROS, doch „Vigilance Perennial“ macht auch deutlich, dass sich die Band irgendwie mal entscheiden sollte, wie das ganze nachvollziehbar weitergeführt werden könnte.
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