Mit dem letzten, dritten Album „Fables From A Mayfly: What I Tell You Three Times Is True“ (2007), veröffentlicht via Serjical Strike, dem Label von SYSTEM-OF-A-DOWN-Frontmann Serj Tankian, sind die Texaner von FAIR TO MIDLAND endgültig im kommerziell erfolgreichen Bereich angekommen. Danach gab es erst einmal ein paar Jahre nichts Neues von den progressiven Alternative Rockern aus Sulphur Springs, Texas – abgesehen von den News vom Labelwechsel in den USA, von Serjical Strike zum Indie-Riesen E1 Music, unter anderem für die US-Vermarktung von IN FLAMES oder SATYRICON zuständig (der europäische Markt wird nun, ungewöhnlicherweise, von den Extreme-Metal-Experten Season Of Mist abgedeckt).
Die Frage, wohin der Weg für FAIR TO MIDLAND mit ihrem vierten Album gehen wird, ist also durchaus gerechtfertigt: Kommt mit dem kommerziellen Erfolg auch mainstreamlastigere Musik? Lassen sich die Texaner von so etwas beeindrucken? Die Antwort, da kann ich alle Fans der Band beruhigen, lautet ganz klar: Nein! FAIR TO MIDLAND sind auf „Arrows & Anchors“ keinen Deut softer oder weniger komplex geworden, das Album ist – im Gegenteil – das härteste der Bandgeschichte, vergisst auf der anderen Seite jedoch auch nicht die verträumt-melodiöse Seite, die diese Band so ausgezeichnet beherrscht.
Aber fangen wir vorne an: FAIR TO MIDLAND machen auch im Jahre 2011 nichts grundlegend Neues, sie haben sich weiterhin jenem Bastard aus Alternative Rock und Prog verschrieben, der „Fables From A Mayfly“ so unwiderstehlich machte, nur dass die härteren, wummsenden Elemente des Sounds jetzt mehr Platz bekommen haben und aufgrund des deutlich besseren Sounds (denn bei aller Qualität was das Songwriting angeht, krankte „Fables From A Mayfly“ doch stark an seiner dünnen Produktion) auch besser zünden. Das geht soweit, dass ich das Album durchaus stellenweise mit der Bezeichnung „New Metal“ titulieren möchte (im positiven, groovenden, basslastigen MUDVAYNE-auf-„The-End-Of-All-Things-To-Come“-Sinn).
Und sonst so? Hits, Hits, Hits. Wie man es von ihnen kennt, verbinden FAIR TO MIDLAND ein hohes Maß an musikalischer Komplexität mit einem hohen Maß an fetter Eingängigkeit, die Ohrwürmer scheinen kein Ende zu nehmen (von den elf „vollen“ Songs – die anderen vier sind Intro beziehungsweise Zwischenstücke – sind alle elf kaum aus den Ohren zu bekommen), fühlen sich aber auch nicht so schnell ausgelutscht an, wie es mir sonst gerne mit Ohrwurm-Musik geht, sondern zünden auch beim siebten, achten Mal noch (ja, ich habe mir für dieses Album so viel Zeit wie noch nie genommen – aber es ist es einfach wert). Anspieltipps? Siehe Trackliste. Was als Highlight gelten könnte, ist – auch, wenn auch die Instrumentalisten teilweise wie von einem anderen Stern klingen (man höre sich nur die Fähigkeit des Bassisten in „Musical Chairs“ an – das Video dazu gibt’s schon vorab bei Youtube zu sehen) – Sänger Darroh Sudderth, der mal melodisch und schwelgend, mal aggressiv und vor allem immer einfach anders klingt. Die Musik von FAIR TO MIDLAND ist sicherlich stark auf Gesang ausgelegt, was eine schwierige Aufgabe für jeden Sänger ist – eine Aufgabe jedoch, die Herr Sudderth ohne Probleme und mit hörbarem Vergnügen meistert.
So sind es letztlich nur Kleinigkeiten, die man an „Arrows & Anchors“ bemängeln kann. Der Track „Rikki Tikki Tavi“ zum Beispiel, einer der härtesten Songs auf dem Album, bei dem die New-Metal-Einflüsse sehr deutlich werden, der sich aber schlecht in das Gesamtalbum einfügt und in der Mitte des Albums deplaziert, um nicht zu sagen störend, wirkt und am Ende (eventuell als Bonustrack?) besser aufgehoben gewesen wäre – auch, wenn es im Grunde kein schlechter Song ist. Auch nicht ganz rund ist das abschließende, über zehn Minuten lange „The Greener Grass“, welches sich nicht ganz entscheiden kann, ob es ein vollständiger Song oder ein Outro sein möchte. Beim ersten Durchlauf ist das spannend und erzielt seine Wirkung, aber wenn man dann erstmal weiß, wo der Hase langläuft, ist der Song mindestens zwei bis drei Minuten zu lang.
Aber wie gesagt: Es sind nur Kleinigkeiten, die man an „Arrows & Anchors“ bemängeln kann – und das ist sehr schade, denn hier hätte nicht viel zum perfekten Album gefehlt, lange habe ich mit dem Gedanken an die Höchstnote gespielt. So bleiben „nur“ neun Punkte – aber jeden einzelnen davon haben sich FAIR TO MIDLAND mit einem wundervollen Album voller Ohrwürmer verdient, das aber mindestens genauso oft, wie es zum Mitsingen einlädt, auch heavy oder verträumt-melancholisch daherkommt. „Arrows & Anchors“ – für mich ein erster heißer Anwärter auf den Titel „Album des Jahres 2011“!
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