Fäulnis - Gehirn Zwischen Wahn Und Sinn

Review

Nachdem im vergangenen Jahr die Mini-CD „Letharg“ verfilmt wurde und sich der Fokus zu diesem Zeitpunkt etwas von der „Verfall Eines Individuums“-Trilogie wegbewegte, stehen FÄULNIS nunmehr mit „Gehirn Zwischen Wahn und Sinn“ mit Teil zwei vor der Tür. Seuche, zuvor mehr oder minder einziger Protagonist, hat sich mit zwei Mitstreitern an Bass und Drums verstärkt. Aber nicht nur die Besatzung ist größer geworden, auch das musikalische Treiben hat sich seit „Cholerik: Eine Aufarbeitung²“ deutlich gesteigert.

Wirkte der erste Teil, welcher in Form eines Rereleases 2007 das Licht der grauen Welt erblickte, noch ziemlich zerfahren, ist Album Nummer zwei deutlich geschlossener ausgefallen. Nicht, dass FÄULNIS keinen Wert auf Abwechslung legen würden, das ist es nicht, doch fallen die Songs qualitativ untereinander nicht mehr ab. Noch immer sind die Hamburger sehr eigen, inzwischen auch gar nicht mehr so leicht zu kategorisieren. Black Metal spielt immer noch eine vordergründige Rolle, doch auch der Doom-Anteil ist sehr präsent geworden und mit einem Schuss Postrock lässt man dem Wahnsinn auch etwas Raum für Melancholie. Depri-Black gibt es aber nicht zu hören, eher eine Variation, die den Wahnsinn sehr gut vermittelt. Neben den langsamen und hier und da sehr monotonen Passagen sind es gerade die Vocals, die das Gemüt immer weiter zermürben. Sprachfetzen, hohe Schreie und gesprochene Texte lassen ein kleines Gefühl von Schizophrenie aufkommen. Dem dienlich ist auch das verzweifelt klingende Murmeln in „Weiße Wände“, welches sich im weiteren Verlauf zu einer ordentlichen Doom-Nummer entwickelt, übrigens mit einem Gastauftritt von Phil (OPHIS) am Mikro.

Aber nur langsam wäre langweilig und so gibt es eben auch schnelle Songs auf „Gehirn Zwischen Wahn und Sinn“, hier vor allem der Beginn von „Kopfkrieg“, welcher im Kopf hängen bleibt. Der Song ist ohnehin eine sehr eingängige, rockige Nummer geworden – spitze. Schwächen lassen sich an dem Album aber offensichtlich auch feststellen, denn einige der Ambient-Passagen wirken eher wie Füllmaterial und beginnen schon nach kurzer Zeit, meine Geduld stark zu strapazieren.

Eben jenes Füllmaterial drückt dann meine Wertung etwas, da es mir ziemlich viel der kranken Stimmung nimmt, sodass ein durchgehendes Sich-Fallenlassen schier unmöglich erscheint. Dennoch ist „Gehirn Zwischen Wahn Und Sinn“ eine Reise, die einem Alptraum gleich den Alltagswahnsinn einfängt und in den größten Momenten bedrohliche Abgründe auftut. Sollte der dritte und letzte Teil noch mal solch einen großartigen Sprung, wie zwischen „Cholerik: Eine Aufarbeitung² “ und eben dem gerade besprochenen Album, schaffen, haben FÄULNIS einen Pflichtkauf geschaffen. So reicht es nur für ein wirklich gutes Album, das aber noch nicht zur ganz großen Klasse gehört.

03.07.2009

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