EYE OF SOLITUDE bleiben ihrer Veröffentlichungstaktik treu. Zum dritten Mal lassen sie binnen eines Jahres eine EP auf einen Longplayer folgen. Sich selbst bleiben die Engländer jedoch weniger treu, denn auf „Dear Insanity“ loten EYE OF SOLITUDE die Grenzen ihres Sounds weiter aus als je zuvor.
Weg von der theatralischen, barocken Dramatik von „Canto III“ sind allein die nackten Fakten ein klarer Fingerzeig: ein Song, 50 Minuten. Offensichtlicher kann man Funeral Doom kaum ankündigen. Dass der EP-Titel dabei in Anredeform gefasst ist, passt nur zu der epischen Breite einer Ode an die düsterste der Doom-Spielarten, die EYE OF SOLITUDE mit einem achtminütigen Ambient-Intro beginnen. „Dear Insanity“ zeigt sich in der Folge aber weniger von der Finsternis der Genre-Klassiker denn dem eigenen Œvre inspiriert. In die Niederungen von ESOTERIC, EVOKEN, THERGOTHON oder SKEPTICISM steigen EYE OF SOLITUDE nicht hinab. Dafür ist es trotz Über-Überlänge bemüht, einen Faden der Eingängigkeit zu spinnen und ihn nicht reissen zu lassen. Bis zur Zäsur eines erneuten Ambient-Parts ist „Dear Insanity“ deutlich gotisch angehaucht, so als hätten EYE OF SOLITUDE eine ihrer früheren Kompositionen von allem überbordenden Ballast entschlackt und gedehnt. Zwischendurch darf es zwar auch weniger bekömmlich werden, das letzte Drittel ist aber wieder deutlich auf Schmeichelei gepolt. Nach lieblich-traurigem Klavier-Interlude transportieren ein Gitarren-Solo und doppelläufige Leads dessen Melodie gekonnt in das ausladende Downtempo-Finale.
EYE OF SOLITUDE zelebrieren Funeral Doom durchaus mit den Grundthemen der Trauer und Einsamkeit, ohne ihm jedoch den elendsten Schleier aus Agonie, Jammer und Verlust drüber zu werfen. Als Soundtrack gerade richtig, um sich für eine Weile im dunklen Grau der Herbsttagen zu verlieren. Doch will man der Langsamkeit frönen, ist Schnelligkeit angesagt: „Dear Insanity“ ist auf 500 CDs und 100 Tapes (jeweils handnummeriert) limitiert.
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