EYE OF NIX wandern auch auf ihrem dritten Album zwischen den Extremen. Die Band aus Seattle befinden sich auf einer musikalischen Reise, die kein Ende findet und erst recht nach danach zu suchen scheint. Mal haucht Frontfrau Joy Von Spain elfengleich in Mikro, mal brüllt sie wie vom Gehörnten besessen. Die Instrumente legen die jeweils passenden Wirbel darunter, die sich immer schneller drehen, mitunter aber auch im Zeitlupentempo verharren.
Auch mit „Ligeia“ passen EYE OF NIX in kein Genre und keine Schublade. Vielleicht mögen sie sich in jener Nische heimisch fühlen, in der Stilbezeichnungen wie Black Metal, Post Metal, Sludge oder Doom nur Namen sind, die zwar bei der Orientierung helfen, letztlich aber nie ganz zutreffen. Die Musik von EYE OF NIX ist Kunst um der Kunst willen, die keine Grenzen kennt, weil sie in ihrer fast schon beliebig wirkenden Mischung keine Grenzen definiert.
EYE OF NIX wandern zwischen Kakophonie und Entspannung.
Dass „Ligeia“ trotzdem wie aus einem Guss wirkt und atmosphärisch stimmig ist, liegt daran, dass es eben nicht beliebig zusammengesetzt ist. Im vermeintlichen Chaos herrscht Ordnung. Jede Kakophonie ist ebenso Teil des Plans wie jede harmonische Akustik-Passage. Dank des ausdifferenzierten Sounds ist auch jede Idee zu vernehmen.
Das Problem ist nur, dass nicht alles gelingt, nur weil ein Plan dahintersteht. EYE OF NIX schaffen ohne Frage eine atmosphärisch dichte Klangwelt, die ihre ganz eigene Sogwirkung entfaltet und voller Details steckt. Die musikalische Masse wirkt jedoch irgendwann erschlagend, die vielen Sprünge lullen ein. Zu wenige Momente stechen wirklich heraus. „Ligeia“, das ist das Dilemma des Albums, ist so durchdacht, so ausgefeilt, dass es letztlich doch beliebig und ziellos wirkt.
„Ligeia“ erfordert Konzentration und Offenheit.
Beim Hören von „Ligeia“ mögen nur jene aus den Vollen schöpfen, die bereit und konzentriert genug sind, sich auf eine musikalische Entdeckungsreise zu begeben. Dennoch ist es dank seiner enigmatischen Ausstrahlung und musikalischen Qualität aber auch für jene unterhaltsam genug, die sich vom bisweilen doch sehr anstrengenden Krach nicht abschrecken lassen. Ähnliches wusste Kollege Erbaş bereits zum Vorgänger „Black Somnia“ zu sagen. Dass dies auch auf „Ligeia“ zutrifft, verdeutlicht die Zwickmühle, in der sich EYE OF NIX trotz aller Kreativität finden. Die Empfehlung hat jedoch ebenso Bestand.
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