Extol - Undeceived

Review

Stellt euch mal folgende Situation vor: Ihr sitzt in einem Restaurant und der Kellner bringt euch gerade euer bestelltes Essen, das auf den ersten Blick wunderbar und verdammt lecker aussieht. Aber schon während ihr noch genüsslich Gabel um Gabel zum Mund führt, bemerkt ihr, dass das Menü anfängt, schwer im Magen zu liegen, und ihn rumoren lässt. So in etwa kann es einem auch beim Verzehr von „Undeceived“, der mittlerweile dritten Langrille aus der Feder der Norweger von Extol, ergehen. Anfangs laufen Songs wie der kraftvolle Titeltrack und Opener „Undeceived“ mit seinen unter die Haut gehenden Gitarrenmelodien, das darauf folgende Death Metal-Gewitter „Inferno“, das seinem Namen trotz einiger eingestreuter Geigenparts a la My Dying Bride alle Ehre macht, oder die aggressive Double Bass-Attacke „Time Stands Still“ noch gut in die Gehörgänge. Doch auf einmal nehmen vertrackte Songstrukturen, ermüdende Breaks und rhythmische Unflüssigkeit, die vorher schon latent, gemäßigt und deswegen nicht störend durchschimmerten, Überhand, was das Zuhören immer anstrengender und den Hörer immer lustloser macht. Richtig aufgeschreckt wird man dann auch noch von einem bei „Ember“ plötzlich einsetzenden, cleanen Gesang, der sich ab sofort desöfteren mit den sonst vorherrschenden, verzerrten Kreischvocals Peter Espenvolls duelliert und in der Nachbarschaft von Vintersorg sesshaft ist, aber ab und an Gedanken an Jamiroquai (!!) wach werden lässt („Renewal“). Es wirkt einfach im Gesamten gesehen stilistisch unausgegoren, was mir hier aus den Boxen entgegen schallt. Dass die Jungs von Extol allesamt ihr technisches Handwerk beherrschen, beweisen zwar allein schon die komplexen, komplizierten Songstrukturen. Aber was hilft das, wenn der Koch vor lauter Garnierungen und unnötigen Zutaten den eigentlichen Geschmack seines Gerichts aus den Augen verliert. Somit ist es bezeichnend, dass der einzige Coversong auf diesem Album, „Shadows Of Death“ (im Original von Believer), das Stück ist, was am meisten zu gefallen weiß. Wer aber mit einer in meinen Augen und Ohren etwas wirren Mixtur aus Technik der Marke Opeth, Melancholie wie bei My Dying Bride und mal folkloristischen, mal boshaften Melodien a la Borknagar etwas anfangen kann, der darf sich Extols Drittwerk ruhigen Gewissens genehmigen.

23.05.2002
Exit mobile version