Evile - The Unknown

Review

Soundcheck Juli 2023# 13 Galerie mit 24 Bildern: Evile - Summer Breeze Open Air 2022

Ich entschuldige mich bei der Chefredaktion im Voraus für die nicht gerade sonderlich hohe SEO-Freundlichkeit dieser Rezension, aber das massive METALLICA-Namedropping lässt sich bei der Besprechung dieser Platte leider nicht vermeiden. Nun aber zur Gegenstand dieser Ausführung: Die britischen Thrasher EVILE zeigten auf ihrem letzten Album „Hell Unleashed“ wie der werte Vorredner Marc feststellte ja wirklich einige Stärken, beispielsweise unerwartete Stimmungsspielereien, dramaturgische Leckerbissen und technische Vielseitigkeit jenseits ihres Sounds, der weiland immer noch klar von METALLICA in ihrer Achtziger-Hochphase inspiriert verstanden werden konnte. Damit bewegten die Briten zwar nicht unbedingt Welten, bauten sich aber ein solides Fundament mit ausgewählten Highlights auf, die zwischen dem Thrash-Vollangriff immer mal wieder hervorblitzten. Zwei Jahre später schicken die Briten den Nachfolger „The Unknown“ hinterher, der sich nun ähnlich wie auch einst METALLICA nun in mehr Groove- respektive Midtempo-betontes Territorium vorwagt.

EVILE subtrahieren die Geschwindigkeit von ihrem Sound – aber was bleibt da übrig?

Jetzt sind EVILE nie wirklich die pfiffigsten Songschreiber gewesen. Wenn man also das eine Trademark, das die Band irgendwie immer über Wasser gehalten hat, wegnimmt, bleibt nicht viel übrig, sofern die Band nicht an ihren atmosphärischeren Ansätzen der letzten Platte zulegt. Das ist leider nicht passiert. „The Unknown“ nimmt vieles von METALLICAs Selbstbetitelten, „Load“ und „Reload“ mit und die Produktion übernimmt in Sachen Druck einiges an Fußarbeit, aber das hat alles viel zu wenige interessante Melodien geschweige denn memorable Hooks. Das geht beim eröffnenden, symptomatischen Titeltrack los, der zwar vielversprechend beginnt, sich dann aber mühselig durch spannungsarme Riffs und wenig befriedigende Harmoniefolgen arbeitet. Ol Drakes wenig dramatische Gesangsdarbietung, die sich immer wieder viel zu fest an James Hetfields Intonation festklammert, hilft da leider auch nicht weiter.

Das dem Titeltrack folgende „The Masks We Wear“ ist mit seinen fünf Minuten viel zu lang. Denn dem Song gehen spätestens nach einer Minute schon die Ideen aus. Später in der Trackliste schaffen es die Briten immerhin mal, dem überdurchschnittlich druckvollen Song „Beginning Of The End“ mal eine hinreichend brauchbare Hook zu verpassen, deren Gesangsharmonien natürlich auch komplett wie von METALLICA abgekupfert wirken, aber man nimmt zu diesem Zeitpunkt mit, was man kriegen kann. Man merkt richtig, dass die Band die Geschwindigkeit benötigt, um einfach irgendeine Form von Zwang zu erzeugen. Dies liefern die Briten dann auch zur Halbzeit der Platte in Form des Doppels „Sleepless Eyes“ und „Out Of Sight“.

„The Unkown“ entspricht einer Übung in Mühseligkeit

Fürwahr: „The Unknown“ ist eines dieser Alben, bei denen ein Rezensent schwere Finger bekommt ob des Gehörten. Wer selbst halbwegs leidenschaftlich Rezensionen schreibt, wird dieses Gefühl sicher kennen. Irgendwie legt man sich ja schon so fesche Deskriptoren für heavy Grooves, raunzige, semi-cleane Vocals und markige Gangshouts zurecht, sammelt seine Referenzen zusammen, sammelt Besonderheiten innerhalb der Trackliste und sobald der Haushalt erledigt ist, legt man dann mit dem Schreiben los, das dann idealerweise intuitiv von der Hand geht. Aber sobald man einem Album wie dem hier vorliegenden gegenübersteht oder -sitzt, das die Referenzen, hier METALLICA, förmlich erzwingt, merkt man, dass es eine finite Anzahl an Wegen gibt, dies deutlich zu machen, der kreative Fluss gerät ins Stocken.

Aber zurück zu „Sleepless Eyes“ respektive „Out Of Sight“: Hin zu diesem Zeitpunkt hat das Album mit Highlights gegeizt, auch die unvermeidbare METALLICA-Ballade der Marke „Nothing Else Matters“ oder „The Unforgiven“, die in Form von „When Mortal Coils Shed“ daherkommt, bleibt farblos und fad. Die Thematik ist eigentlich sogar sehr ernst zu nehmen, geht es schließlich um Themen wie Depressionen und Suizid. Diese werden mit diesem Abklatsch-Sound halt einfach vollkommen unzureichend transportiert. Dann bevorzugt man doch EVILE lieber in ihrem alten Modus, die man bei den erwähnten klanglichen Ausreißern, später dann auch wieder beim Rausschmeißer „Balance Of Time“ bekommt. Leider kehren die Briten nach „Out Of Sight“ mit „At Mirror’s Speech“ wieder zu diesen holzköpfigen Midtempo-Grooves zurück, bei dem einem einfach nur die Füße einschlafen.

Leider gelingt der Vorstoß von EVILE ins Unbekannte nur ansatzweise

Die Produktion ist eigentlich gar nicht mal schlecht, wirkt bei den Songs teilweise aber ein bisschen verschwendet. Denn wenn EVILE nicht gerade in Einzelfällen auf die Tube drücken, klingt das Album entgegen der Beschreibung des Waschzettels über weite Strecken leider nur bedingt heavy. Man lässt die Oppression und Verzweiflung missen, die mit der Thematik mitschwingt, aber die Lyrics wirken nun mal auch kaum mehr wie oberflächlicher Poser-mit-Gefühlen-Käse. Lediglich in „The Beginning Of The End“ geht der neue Sound wirklich mal auf. Immerhin kann man EVILE auch nicht vorwerfen, dass sie unsauber spielen würden, aber dann hätte man wenigstens etwas wenn auch unfreiwillig Unterhaltsames an diesem Album.

Aber abgesehen vom wirklich dreisten 90er-METALLICA-Plagiatismus gibt es einfach wenig, was „The Unknown“ per se auszeichnet, abgesehen von den erwähnten Hochpunkten, die das Album zwischen all dem Einheitsbrei vorweist. Es ist komplett funktional darin, die Vorbilder abzukupfern, bringt aber kaum eigene Impulse auf den Tisch und lässt sich überdies ein zum Großteil mühselig und uninspiriert vor sich hin trottendes Album zu Schulden kommen mit wenigen Lichtblicken, die einen Kauf der Platte nicht wirklich rechtfertigen. Dann lieber die Rosinen über gängige Streaming-Dienste rauspicken und den Rest ignorieren …

In puncto Stimmung hätten sich EVILE vielleicht besser mal an „The Unseen“ von THE HAUNTED orientieren sollen, so kontrovers das Album seinerzeit auch war – da hat eine Band wenigstens mal etwas Mut gezeigt und der Sound wäre überdies wie geschaffen gewesen für die Thematik. Tja, hätte hätte Fahrradkette …

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11.07.2023

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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1 Kommentar zu Evile - The Unknown

  1. Nici67 sagt:

    Naja….. Ich war ziemlich pumped für das Album, v.a. weil mich die erste Single The Unknown sehr abgeholt hat, weil fette Riffs, coole Vocals und ein etwas düsterer Touch. Der Rest kann da nicht immer mithalten. So versinken z.B. Nummern wie The Mask we wear oder At Mirrors Speech relativ schnell im langweiligen endlosen Riffsumpf. Zu viel Midtempo, zu wenig Abwechslung, Thrash gibts hier nur auf 1-2 Songs.
    Highlights: The Unknown, Sleepless Eyes, Out of Sight

    6/10