Evil Scarecrow - Galactic Hunt
André Gabriel
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Sie fallen in der überwiegend schwarzen Masse auf. Sie sind die bunten Schafe. Während manch ein verdienter Musiker Geschenke auf die Bühne geworfen bekommt, sind sie es, die allerhand Kram ins Publikum schleudern. Weil sie sich meist selbst nicht allzu ernst nehmen, leidet auch die allgemeine Ernsthaftigkeit. Die Spaßmetaller. Auch EVIL SCARECROW, und irgendwie verrät es ja schon der behämmerte Bandname, lassen sich in diese Kategorie einordnen. Show-Make-up, farbenfrohe Plüschtiere und dergleichen, die live über den Bühnenrand gehen, ein als Roboter verkleideter Mensch, der die Stage auf- und abläuft. Dafür, dass sie den IMMORTAL’schen Krebsgang veralbern, sollten sie allerdings schnurstracks nach Blashyrkh in einen eisigen Kerker verbannt werden. Und wie klingt die Musik so? Da haben wir das eigentliche Problem: ziemlich wertlos.
Nach einem Bombast-Intro wird schnell klar, dass EVIL SCARECROW ihr drittes Album „Galactic Hunt“ zum Glattbügeln gebracht haben. Sind das noch E-Gitarren? Die Songs sind vorwiegend von stumpfem Runtergeriffe, das sich viel zu sehr nach Computer anhört, geprägt. Dazwischen wurden elektronische Soundschnipsel und orchestrale Orgien platziert. Musikalisch sind die Stücke meist sehr modern gehalten – einige Passagen in „Crabulon“ gehen auch problemlos als Metalcore durch. Und so darf auch poppiger Klargesang nicht fehlen, der die Nerven besonders in „Frankingstein’s Mirror“ strapaziert. Alles in allem will „Galactic Hunt“ eine Art Mischung aus POWERWOLF und neuen DIMMU BORGIR sein. Das Album verendet aber irgendwo in der belanglosen Mitte, denn allein im Vergleich zu POWERWOLF fehlen die feinen Melodien, der draufgängerische, offensive und vor allem schnelle Power Metal, die Hooklines, das klare Konzept und der Hymnen-Charakter.
EVIL SCARECROW machen viel, aber nur ganz wenig richtig oder gar gut. In „Dance Of The Cyclops“ sorgt ein Akkordeon für Schunkel-Atmosphäre, die auch von ALESTORM stammen könnte. „Flight Of The Dragons“ nimmt Abstand vom Metal und zeigt plötzlich eine rockige Seite – durch cleanen Gesang, Akustikgitarre und traditionelle Soloarbeit. Und dennoch: Auf Platte tönt das alles viel zu einheitsbreiig, langweilig, uninspiriert. Da hilft auch der Produzentenname Russ Russell nicht weiter, der immerhin schon mit Bands wie DIMMU BORGIR, NAPALM DEATH und THE EXPLOITED zusammengearbeitet hat. EVIL SCARECROW sind so eine (Spaß-)Combo, die live vielleicht etwas reißen kann, wenn der Pegel stimmt, ansonsten aber mehr als überflüssig wirkt.
Oh, da ist aber jemand verbittert… Ich muss dem Herrn Gabriel (wie in der Politik, so auch musikalisch) entschieden widersprechen: Kaum nimmt sich eine Metalband und das gesamte Genre nicht 100%ig ernst, so ist es gleich eine Spasskapelle… Nun, JA, Evil Scarecrow machen Spass. Das machen Manowar auch. Und doch nehmen beide ihre Sache ernst.
Musikalisch sind beide über jeden Zweifel erhaben. Evil Scarecrow parodieren (!) so gut, dass ich sie gern mit Monty Python vergleichen möchte. Das verbietet sich allerdings. Naja, zurück zur Musik: Selten habe ich ein Keyboard so im Hintergrund und dennoch dermaßen wirksam erfahren, wie bei dieser Truppe. Der Schlagzeuger… den wünschen sich manch Metalmillionäre. Da kann die alte Garde nunmal einpacken. Die Bassarbeit ist supersolide. Wahrscheinlich neigt man am ehesten dazu, den Basser als austauschbar zu bezeichnen, doch beim öfteren Hören stellt man fest, wie wichtig der gute Mann auch als Co-Shouter bzw. Backroundsänger ist. Die Gitarren sind nicht nur vom Sound, sondern ebenfalls vom Riffing und auch von den Leads her der absolute Wahnsinn! Wo Evil Scarecrow ihre Wurzeln haben, hört man unglaublich gut u.a. in „Space Dementia“ heraus. Aber auch auf der Vorgängerscheibe gibt es Songs, welche rein durch ihre Musikalität überzeugen, z.B. Blacken The Everything. Überhaupt… man fragt sich bei einigen Songs, wie „witzig“ diese überhaupt gemeint sind. Und schlussendlich behorchen wir die Stimme: Diese ist, wie bei jeder Band natürlich absolute Geschmackssache. Objektiv betrachtet gibt es allerdings echt nervige Stimmen (Korn, LimpBizkit, Nevermore, VolBeat) und weniger bzw. gar nicht nervige, sondern durchaus zur Musik passende Stimmen: Metallica, Manowar, Iron Maiden, Tenacious D, Evil Scarecrow…und viele mehr.
Alles in allem lässt sich also sagen, dass hier durchaus Könner am Werk sind, welche durchaus eine gute Portion Humor mitbringen. Was daran falsch oder schlecht ist, erschliesst sich mir auch nach mehrmaligem Durchlauf nicht. Tatsächlich ist die Band aus Nottingham, UK, sogar viel besser als POWERWOLF (nach der zweiten Platte kam nur noch heisse Luft…) und DIMMU BORGIR (gibts die überhaupt noch?). Weil sie durchgängig eingängig sind und sich eben nicht verfrickeln. Dass das live funktioniert ist keine Frage. Wer sie einmal sah, will sie wieder sehen. Deshalb: Daumen hoch für gute Leistung!