Wo EVERDAWN bereits ihr Debütalbum „Cleopatra“ einer mächtigen Frauenfigur der Geschichte gewidmet haben, ist nun also die Verena dran – ach Quatsch, „Venera“ natürlich, was im Endeffekt aber doch als Namensvariante der Liebesgöttin „Venus“ historischen bis mythologischen Gefilden entspringt. Wer so tief in der Vergangenheit gräbt, tut sich eher schwer damit, in der Gegenwart neue Impulse zu setzen. Und richtig, echte Innovation gibt der Sound von EVERDAWN an keiner Stelle her.
EVERDAWN gelingt kein starkes Statement
Sieht man über diese offensichtlichste Schwäche hinweg, ist „Venera“ beileibe kein schlechtes Album. Die Musiker verstehen ihr Handwerk und kombinieren zahlreiche altbekannte Versatzstücke zu überwiegend kompakt gehaltenen, abwechslungsreichen Stücken, die gefällig die Gehörgänge durchspülen, ohne sich dort dauerhaft festsetzen zu können. Dabei wirkt der Sound noch nicht einmal so generisch wie es der Bandname befürchten ließe, die offensichtlichen Parallelen zu Genregrößen wie NIGHTWISH, EPICA oder WITHIN TEMPTATION umschiffen EVERDAWN gekonnt. Und mit Frontfrau Alina Gavrilenko verfügt man über eine flexibel einsetzbare Geheimwaffe, die mühelos zwischen rockigen Tönen und einem erfreulich unquietschigen Opern-Sopran hin und her wechselt.
Zwischendurch sorgen ein paar waschechte 80er-Jahre-Synthies, orientalische Einsprengsel und andere verspielte Klangornamentik für Abwechslung. Vor allem das 13-Minuten-Epos „Truer Words Ever Spoken“ zieht diesbezüglich alle Register und ist sich auch nicht für einen kurzen Klezmer-Part zu schade, auf den unmittelbar ein fetter Dubstep-Beat folgt. Allzu leicht könnte man sich in solchen Spielereien verlieren und den eigentlichen Song aus den Ohren verlieren – eine Prüfung die EVERDAWN jedoch bestehen, indem sie zu jeder Zeit das sauber arrangierte Riffing in den Vordergrund rücken und diesen auch die Solo-Frickeleien klar unterordnen.
Ein abwechslungsreiches Album für die zweite Reihe
Mit „Justify The Means“ versuchen sich EVERDAWN einmal an der Verarbeitung der jüngsten Geschichte anhand der Lockdown-Maßnahmen während der Corona-Pandemie. Ein starkes Statement gelingt ihnen dabei jedoch nicht, so vage und wenig greifbar wie der musikalische Gesamteindruck bleibt auch die thematische Auseinandersetzung mit einem potentiell kontroversen Thema. Letztlich empfehlen sich EVERDAWN mit ihrem zweiten Album also erfolgreich für die zweite Reihe der Female-Fronted-Bands ohne dabei echte Ambitionen auf die Top-Riege des Symphonic Metals erkennen zu lassen.
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