Evanescence - Synthesis

Review

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EVANESCENCE sind zurück!

Eine gefühlte Ewigkeit ist es her, dass man neuen Stoff von EVANESCENCE bekam. 2011 kam mit “Evanescence“ das letzte reguläre Studioalbum einer Band, die mit Hits wie “Bring Me To Life“ und “My Immortal“ dafür sorgte, dass Rock der etwas härteren Gangart auch mal in den Single-Charts vertreten war. Nun sind es genau Songs wie die genannten, die sich auf der neuen Platte “Synthesis“ finden lassen. Was? Nach sechs Jahren ist alles, was man bekommt, eine magere Best Of? Nein, glücklicherweise ist “Synthesis“ so viel mehr als das.

Klassik meets Elektro

EVANESCENCE setzen auf ihrem neuesten Machwerk auf eine spannende Melange aus klassischen und elektronischen Klängen. Das mag auf den ersten Blick etwas verwunderlich wirken, jedoch beinhalten zahlreiche EVANESCENCE-Songs durch ihre Melodie, Instrumentierung oder der zugrundeliegenden Stimmung ohnehin einen gewissen Hang zur Klassik. Nach einer kurzen, durch Piano und Streicher dominierten “Overture“ gibt es den ersten Song im neuen Gewand. Auch hier spielen ein kräftiges Klavier und bedrohlich wirkende Streicher die Hauptrolle, jedoch werden mit den einsetzenden elektronischen Klängen punktuell Akzente gesetzt, die “Never Go Back“ zusammen mit Amy Lees unvergleichlicher Stimme zu einem gelungenen Opener werden lassen.

Mit “Hi-Lo“ gibt es sogar ein komplett neues Lied! Die zunächst traurige Klanglandschaft, in der Amy Lees Stimme erneut gut zur Geltung kommt, verliert sich leider im Refrain ein wenig. Die Emotionalität der Strophen wird nicht nur unterbrochen, sie wird auch durch die Elektronik arg gestört. Dem insgesamt doch ansprechenden Song hätte ein rein klassisches Gewand sicherlich gut getan, um sein Potential vollends entfalten zu können. Ähnlich verhält es sich mit “My Heart Is Broken“, in welchem den Streichern durch die elektronischen Elemente der notwendige Raum genommen wird. Auch hier ist der Gesamteindruck durchaus positiv, jedoch manifestiert sich die Hoffnung, dass auf dem Rest der Platte die Synthesizer etwas passender eingesetzt werden.

Ein Genuss für die Ohren

Gesagt, getan. “Lacrymosa“ aus dem 2006er Album “The Open Door“ setzt diese Forderung perfekt um und kreiert so einen druckvollen und packenden Sound, der bereits in der Erstveröffentlichung auf Wolfgang Amadeus Mozarts Requiem basiert und so wie geschaffen für eine klassische Interpretation war.  Auch “The End Of The Dream“ und der Überhit “Bring Me To Life“ erstarken durch das Zusammenwirken von Programmings und Symphonie-Orchester. Sicherlich mag Amy Lees Gesang nicht jedermanns Fall sein, jedoch muss ihre enorme stimmliche Leistung auf “Synthesis“ gewürdigt werden. Sie ist im Vergleich zu den Erstaufnahmen stimmlich gereift und vermag es die Songs auf emotionale Art und Weise damit zu veredeln.

Auch die zweite Hälfte hält das vermehrt hohe Niveau der ersten Songs zunächst ähnlich hoch. “Imaginary“ oder “Secret Door“ dürften den Fans ebenso gefallen wie die “Neuinterpretation“ von “Lithium“, denn dort hat man sich schlicht an das Original gehalten und nur wenig verändert. Leider verliert die Platte in den letzten Zügen ein wenig an Schwung. Spätestens bei “Lost In Paradise“ zeigt sich eine geringfügige Eintönigkeit in Bezug auf die Instrumentierung. Der größte Wermutstropfen zeigt sich jedoch in Gestalt von “My Immortal“, welches in seiner ursprünglichen Fassung derart verletzlich daherkommt, dass eine Gänsehaut nahezu bei jedem Hördurchlauf garantiert ist. Das neue Arrangement auf “Synthesis“ raubt dem Song eben jene Verletzlichkeit und hinterlässt einen faden Beigeschmack. Glücklicherweise verfliegt dieser, sobald mit “Imperfection“ der letzte Song der Platte und der insgesamt zweite komplett neue präsentiert wird. Dieser ist hochexperimentell, denn Elektroniksound dominieren die von Amy Lee im Sprechgesang vorgetragenen Strophen sowie den epischen Refrain und bilden so einen spannenden Albumabschluss.

Lange hat man auf das Album warten müssen, nun ist es da. Es ist anders. So hat man EVANESCENCE noch nicht erlebt. “Synthesis“ klingt frisch und modern, ohne sich dabei an irgendwelche Trends zu orientieren. Auch wenn die Platte an einigen Stellen ihre Schwächen aufweist, so ist der Gesamteindruck besonders nach mehrfachem Hören ausgesprochen stark.

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04.11.2017

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