Essence - Last Night Of Solace

Review

Mit Dänemark verbinde ich eine relativ ausgewogene (musikalische) Hassliebe. Während mir Jacob Hansen auch anno heute noch mit seinen Plastikproduktionen auf den Sack geht, haben ILLDISPOSED z.B. einen absoluten Sonderstatus inne. Wie sich die Kennenlernphase beim Zweitling „Last Night of Solace“ von den Jungspunden ESSENCE dann abgespielt hat, kann man sich ungefähr vorstellen – „Meinetwegen produziert’s der Regierungssprecher von Angela Merkel, aber bloß nicht Hansen!“. Ausgangslage geklärt? Relativ zügig, ja, denn hierfür zeichnet sich Peter Tägtgren verantwortlich, der die Jungs dann auch mal direkt auf seine kommende Tour mitnimmt.

Glück gehabt, dafür folgt das nächste Störfeuer aus der Promomaschinerie.
„Last Night Of Solace wird ohne Zweifel der große Durchbruch für Dänemarks vielversprechendsten Metal Act. 2013 ist das Jahr von ESSENCE – sie werden dominieren!“, lässt ein dänischer Radiomoderator verlautbaren. Na dann kann’s ja losgehen. Wer beim Cover schon auf die vage Vermutung kommt, hier handele es sich um Thrash Metal, der trifft voll ins Schwarze – entgegen des Logo-Designs allerdings spielt sich hier keine x-te Bay-Area-Kopie die Finger wund, denn die europäische bzw. deutsche Gangart ist ja durchaus auch mal hörbar.

Oder sagen wir „wäre“ – denn so toll das alles auch klingt, so herrlich langweilig tönen ESSENCE aus den Boxen. Genau das ist aber auch das Problem, das man bei vielen Newcomern feststellen kann, die bei unzähligen Bandcontests gewonnen haben, dicke Plattendeals damit einfahren konnten und nun in den nächsten Metal-Himmel gelobt werden. Hätte man musikalisch nur ansatzweise etwas nennenswertes zu vermelden, hätte man das überhaupt nicht nötig. Für einige mag das nach Thrash mit „einem schönen KREATOR-Einschlag“ klingen, der „tierisch Spaß macht“, aber erstens spielen KREATOR in einer komplett anderen Liga und zweitens scheint es mit der Kompetenz nicht allzu weit her, wenn man solche Standard-Alben so umjubeln muss. Klingt in der Realität härter als es auf „Last Night of Solace“ de facto ist. Das Intro additive „Final Eclipse“ als Opener funktionieren prima und gehen mit durchaus melodisch-verspieltem Riffing sehr gut rein, aber die Schwächen der Dänen offenbaren sich primär in den langsameren Stücken des Albums („Arachnida“; „For the Fallen“). Das Songwriting klingt hier einfach nicht ausgereift, die Strukturen zu ereignisarm und langatmig, es kommt weder ein gewisser Groove auf noch ein Fünkchen Spielfreude rüber. „Children of Rwanda“ und vor allem das starke „Gemstones“ machen das mit ihrem Tempo wieder gut, ehe der Titeltrack mit seinen knapp acht Minuten Spielzeit einen Totalausfall für mich darstellt.

Selbst wenn ich mit folgendem Kritikpunkt so ziemlich allein dastehen werde, kommt folgendes erschwerend (möglicherweise auch mehrdeutig in Bezug auf obige Aussage) hinzu: Peter Tägtgrens Produktionen lassen viele Bands einfach völlig beliebig und seelenlos wirken. Für eine Thrash-Metal-Band, die sich durchaus an oldschooligen Tönen versucht, ist die Geschichte zu glatt abgemischt, und kann ihren möglichen Esprit überhaupt nicht entfalten. So oder so aber sehe ich ESSENCE aktuell nicht als „dominierende“, sondern vielmehr als eine junge und entwicklungsfähige Band mit Potenzial, der mit ihrem zweiten Album maximal ein leicht überdurchschnittliches Werk gelungen ist. Dennoch richtet sich die Kritik nicht unbedingt ausschließlich gegen die Band, sondern auch an deren Manager. Selbstverständlich muss man seine Interpreten ordentlich bewerben, aber wer das auf diese Weise tut, liefert jene zwangsläufig ans offene Messer.

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27.03.2013

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