Exzentrische Einzelkünstler im Black Metal hatten wir letztens erst noch. Auch der einsame Franzose Asthâghul beweist Arbeitswillen mit ESOCTRILIHUM. Das Projekt hat sich symphonischen, atmosphärischen Black Metal auf die Fahnen geschrieben und polarisiert scheinbar stark: von Vergötterung bis hin zum anerkennend Notiz nehmen reichen die Kritiken, so hat es auch schon den ein oder anderen Verriss gehagelt. Vermutlich um 2017 gegründet (Informationen sind spärlich gesät), kann ESOCTRILIHUM mit „Dy’th Requiem For The Serpent Telepath“ schon das fünfte Album sein Eigen nennen. Das bedeutet durchschnittlich ein Album pro Jahr, 2018 waren es sogar gleich zwei! Über mangelnden Arbeitsethos lässt es sich also nicht beschweren.
ESOCTRILIHUM pendeln zwischen melodisch-symphonischem Black Metal und erdrückender Finsternis
ESOCTRILIHUM haben etwas von der symphonischen Ausrichtung solcher Bands wie EMPEROR, ANOREXIA NERVOSA oder auch LIMBONIC ART durch das Konservenorchester und -Synthies, machen hin und wieder aber beinahe schon Ausflüge in rasende Death-Metal-Gefilde („Dy’th“) oder besuchen auch gern mal Doom und selbst leicht folkige Ausrichtungen mit einer einsamen Violine („Sahln“, „Baahl Duthr“) werden nicht verschmäht. Dabei bleiben ESOCTRILIHUM trotzdem noch schön düster und in hohen Geschwindigkeitsbereichen, um nicht die nötige Härte einzubüßen. Obwohl das nicht bei jedem Song auf „Dy’th Requiem For The Serpent Telepath“ aufgeht, entwickelt das Album trotz seiner Länge und Komplexität doch eine gute Sogwirkung, zumindest anfangs. Die Songs sind tief getüncht in Finsternis und Atmosphäre und überraschen auf den ersten Hördurchgängen immer wieder durch kleine Haken, die eingestreut werden.
„Dy’th Requiem For The Serpent Telepath“ – sperriger Name, sperriges Album
Das Problem vieler Ein-Mann-Projekte sind zu hohe Ambitionen, die durch Überkompensation durchgesetzt werden, wodurch oftmals Fluss und kompositorische Raffinesse leiden. Trotz grundsätzlich gut platzierter Ideen und gutem Songwriting wirkt vieles hier noch etwas kopflos und zerfahren. Auch sind die erwähnten Ideen nicht spannend genug, um über fast 80 Minuten Laufzeit durchgängig zu unterhalten. Nach einem eher durchschnittlichen Einstieg überzeugt vor allem die abwechslungsreiche Albummitte.
Das hat manchmal was von in Richtung SUMMONING gehenden Synthies, verquickt gekonnt industrielle Geschwindigkeitsgemeinheiten, die schon fast in die Nähe von frühen ANAAL NATRAKH gerückt werden können , nur dann irgendwie in Soft, falls das irgendwie Sinn ergibt („Eginbaal“). Dieses Rezept wird im Laufe des Albums aber dann hauptsächlich nur noch recycelt. Symptomatisch könnte hier Zwischenstück „Craânag“ gelten, das sich als Synthiegedudel für ein bis zwei Minuten ganz nett macht, aber mit 5 Minuten hier entschieden zu lang ausgewalzt wurde. Vielen Songs geht es ebenso: Lange Laufzeit, wenig Änderungen des musikalischen Grundthemas, Langeweile und Abschweifen des Hörers. Die fast 80 Minuten ziehen sich trotz zwischengestreuter Abwechslung und rechtfertigen die Lauflängen der Songs am Ende nicht wirklich.
Auch der penetrante Drumcomputer, der zu sehr die Brutalität betonen möchte und nur noch in 16teln durchrattert, ist gewöhnungsbedürftig. Stellt er doch auf der einen Seite den nötigen Druck her, macht die ganze Chose aber auch zur Tour de Force oftmals. Die Klasse oben genannter Bands wird so nicht erreicht.
Atmosphäre allein reicht nicht um hohe Lauflängen zu rechtfertigen.
Die schon im Coverartwork angedeutete lovecraftsche Atmosphäre wird streckenweise recht gut transportiert, über die Laufzeit kann sich „Dy’th Requiem For The Serpent Telepath“ nicht so recht entscheiden, ob es experimentell, todesmetallisch-traditionell oder doch im Sinne einer erzählenden Geschichte sich entfalten möchte. Das hat fehlende Stringenz, bei weitem zu übermäßige Songausdehnung und zu wenig packende Grundthemen zur Folge, trotz grundsätzlich interessanter Experimente im sonstigen atmosphärischen Black/Death-Metal-Sound „Dy’th Requiem For The Serpent Telepath“ ist grundsolide, leistet an einigen Stellen durchaus gute Überzeugungsarbeit, vor allem im Hinaufbeschwören einer kosmischen und kalten (speziell der Industrial-Anteil in einigen Songs), anderweltlichen Atmosphäre und bildet für zukünftige Releases aus dem Hause ESOCTRILIHUM eine gute Grundlage, ist aber in seiner Gesamtheit definitiv noch ausbaubar. Freunde von atmosphärischem Black Metal, die sich an industrieller Schlagseite und zusätzlichen exotischen Einschüben wie oben erwähnt nicht stören, können „Dy’th Requiem For The Serpent Telepath“ aber durchaus mal antesten.
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