Eschenbach - Eschenbach

Review

ESCHENBACH. Da sollte es klingeln. Jedenfalls hat kaum eine andere Band, die ich kenne, bereits im Vorfeld für so viele Schlagzeilen gesorgt, wie die Formation um Nils Berger (Drums), dem amtierenden Weltrekordhalter im Dauerschlagzeugspielen, und Namensgeber Phillip Eschenbach (Guitar, Keyboard). Dafür gesorgt haben allerdings nicht die Auftritte im Vorprogramm von Bands wie DOG EAT DOG und PRO-PAIN, sondern viel eher die Eskapaden des damaligen Frontmanns Ben „Uschi Glas“ Teewag – auf „Eschenbach“ immerhin noch auf zwei Songs („Russisch Roulette“, „Warum nur?“) zu hören -, der immer wieder in die Medien geriet, und letztendlich aufgrund von Schlägereien und Drogenmissbrauch in den Knast wanderte. Das Aus schien besiegelt. Letztendlich hat sich mit Stephan „DER W“ Weidner (Ex-BÖHSE ONKELZ), der nicht nur mit Lyrics, Kompositionen und einigen Vocalparts ausgeholfen hat, sondern das erste Album auch produzierte, die maßgeblich treibende Kraft des Projektes gefunden. Stephan hat außerdem dafür gesorgt, eine illustre Gästeschar wie Nina C. Alice (SKEW SISKIN) und die noch eher unbekannte Yen („Frag Dich Selbst“) an Land zu ziehen. Sogar Ex-ONKEL Kevin Russel war kurzzeitig im Gespräch einen Vocalpart zu übernehmen, bis sich mit Riitchy Schwarz dann doch noch ein neuer Frontmann fand, der die verbleibenden Songs eingesungen hat.

Ähnlich chaotisch, wie sich diese Vorgeschichte ließt, klingt dann auch das musikalische Ergebnis. Dabei ist „Eschenbach“ keine schlechte Scheibe, aber viele Songs wie der Midtempo-Rocker „Zwischen Schuld Und Sühne“, das folgende „Schwarze Löcher Im System“, das von Nina C. Alice (SKEW SISKIN) vorgetragene „Bist Du Deutschland?“ oder der Teewag-Titel „Russisch Roulette“ kommen nicht über das Prädikat „guter Durchschnitt“ hinaus. Dem gegenüber stehen allerdings auch gelungenere Titel wie der Melodic-Rocker „Allein“, dessen Chorus ordentlich groovt, die von Yen, die ein wenig an Mieze von MIA erinnert, wunderbar ehrlich vorgetragene Halbballade „Frag Dich Selbst“ oder dem komplett von Weidner intonierten „Halt Aus“, der ein gewisses ONKELZ-Feeling aufleben lässt.

Einen Mangel an Abwechslung kann man den vierzehn Songs also sicherlich nicht attestieren, allerdings fehlt die nötige Balance, denn die Qualität des vorliegenden Materials lebt und fällt mit den vielen Köchen, die den Brei hier auch schonmal verderben. Obwohl „Eschenbach“ insgesamt nachdenklich-melancholisch erscheint, fehlt mir doch eine gewisse Street Attitüde, die ich bei den ONKELZ immer geliebt habe und bei DEM W zu schätzen weiß – ONKELZ-Fans und die des Weidner-Umfeldes sollten sich „Eschenbach“ daher nicht ungehört zulegen. Wer jedoch generell Deutschrock mag, sollte mal ein Ohr riskieren, allerdings auch nicht zu viel erwarten und ggf. auf Alternativen zurückgreifen, wie zum Beispiel auf das aktuelle WIRTZ-Album „Erdling“ oder seinem Vorgänger.

29.11.2009

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