Mit VI findet nun das dritte Solo-Werk Oswald Henkes, das Individuum hinter Goethes Erben, seinen Weg an die Öffentlichkeit. Ehrlich gesagt erwartete ich nicht viel von dieser CD, trotz dessen ich ein großer Verehrer der selbsternannten Erben des Dichterfürsten bin. Nur sehr wenig kenne ich von den ersten beiden Erblast Veröffentlichungen, welches mir aber nie sonderlich zusagte. Um es vorweg zu nehmen: Bei VI liegt der Fall anders. Schon der Einstieg ist eine völlige Überraschung: Man covert „Some Kind of Stranger“ (Sister of Mercy), welches nur sehr schwerlich als Cover zu erkennen ist. Sehr langsam, von Klavier getragen und mit deutschen Text ausgestattet, fühlt man sich sogleich durch die Stimme Oswalds an Goethes Erben erinnert. Es fehlt aber die nihilistische, vernichtende und abgründige Note. Dafür wurde viel Platz für Wärme, Intimität und Träume geschaffen. Erblast klingen in ihrer Art sehr positiv, träumerisch, ohne jedoch in tiefem Schmalz und Banalität zu versinken. Die restlichen Stücke halten das, was der Anfang verspricht und so sind fast alle Songs durchweg als genial zu betiteln. Thematisch werden hier menschliche Beziehungen, meist körperlicher Natur, sehr einfühlsam und treffend behandelt, ohne jemals in Platitüden abzurutschen. „Bittermandelblick“ und „NachtNebelNelken“ beschreiben sehr eindringlich und poetisch die Eindrücke beim Vollziehen des Akts körperlichen Liebe und sind musikalisch mindestens genauso ansprechend. Als Rezensent ist man aber immer genötigt Kritik anzubringen, so auch hier: Die weibliche Stimme (meist nur sehr spärlich eingesetzt, Oswalds Stimmbänder dominieren das Geschehen) mag mir nicht so liegen und „Zweisamkeit“ finde ich ein wenig seicht. Dennoch: Goethes Erben Anhäger sollten auf jeden Fall zugreifen und auch jene, denen diese bislang zu negativ waren. Eine rundum gelungene Platte die sich sehr gut für gewisse Stunden einsetzten läßt, aber auch ohne Partner zum Schweben in anderen Sphären einlädt.
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