Review von Alexander Santel
Am Anfang wähnt man sich noch irgendwo zwischen Southern-Rock und Okkultatmosphäre, bevor das erste groovige, locker aus dem Ärmel geschüttelte Riff des Openers „Gossamer Claws“ klarmacht, was man in den nächsten 40 Minuten von EPITAPH zu erwarten hat: staubtrockenen, riffbasierten Doom/Heavy Metal. Seit 1988 sind die Veteranen aus Verona unterwegs – seitdem haben es die Mannen aus Italien auf mehrere Demos und ein Album („Crawling Out Of The Crypt“) gebracht.
Servieren EPITAPH alten Wein aus alten Schläuchen?
Zu viel La Dolce Vita in der Zwischenzeit? Egal, der Opener von „CLAWS“ lässt auf jeden Fall schon aufhorchen. Frontmann Emiliano Cioffi hat die in diesem Genre ja häufig vorherrschende Vocal-Theatralik definitiv drauf. Dabei erinnert er auch das ein oder andere Mal an Dio oder einen Messiah von CANDLEMASS, ohne die stimmlichen Kapazitäten und das gewisse Etwas der großen Meister zu erreichen. Der zweite Song „Waco The King“ startet mit einem simplen Drumbeat, vom Bass begleitet, und geht in ein einfaches, aber mächtig drückendes Riff über. Das groovt ordentlich! Später wird der Song ein wenig melancholischer, um sich kurz darauf wieder richtig schön in urigen groovenden Riffs zu suhlen. Zum Abschluss wird es kurzzeitig (relativ, wir reden hier immer noch von Doom) flott, ein orientalisch anmutendes Gitarrensolo trägt den Song zum Ende. Definitiv die Sternstunde des Albums.
„Claws“ – leider nur durchschnittlicher Doom aus Italien
Die Marschrichtung wird im Rest des Albums dann auch nicht großartig geändert. Hin und wieder gibt es mal ungewöhnliches wie eine Lead-Einlage für den Bass („Sizigia“), Spoken-Word-Passagen („Wicked Lady“) oder creepige (Kinder-?)Chöre als Intro („Declaration Of Woe“). Aber so richtig bringt das die Platte auch nicht voran. Das liegt am etwas beliebigen Songwriting ohne wirkliche Spannung oder Höhepunkte und der auf Dauer dann doch etwas nervenden Stimme. Natürlich ist Doom eine ganz eigene Spielwiese, doch im Vergleich mit so manchen Bands und Platten (CANDLEMASS, ALBEZ DUZ, BLACK SABBATH, PALLBEARER, CATHEDRAL, WITCHFINDER GENERAL, SOLITUDE AETERNUS etc.) fällt „CLAWS“ halt einfach ab.
Bleibt unterm Strich also ein durchschnittliches Hörerlebnis: ganz nett, handwerklich solide, aber es kickt eben nicht richtig, die Hits und großen Momente fehlen. Band- und Doom-Fans allgemein mögen das eventuell anders einstufen, daher sei Genre-Liebhabern ein Reinhören gegönnt.
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