Man kann ein bestehendes eng begrenztes Genre entweder um richtig coole Songs bereichern oder aber sogar dezent neue Ideen einbringen, in den Idealfällen. Beides gelingt ENTRAILS leider nicht ganz bzw. nur bedingt. Damit wir uns nicht falsch verstehen, „Rise Of The Reaper“ ist mitnichten eine schlechte Scheibe geworden. Aber hübsch der Reihe nach.
Gleich nach dem Intro schlägt einem mit „For Hell“ klassischer Schweden-Tod entgegen. Ob nun Songstrukturen, Sound oder Gesang, das ist alles fein auf retro getrimmt und watet tief im Sumpf der großen Namen. Aber ENTRAILS dürfen das natürlich, die gibt es ja auch schon seit 1990, auch wenn die erste Scheibe erst stolze 20 Jahre später erschienen ist.
ENTRAILS mit deutlicher Steigerung nach durchwachsenem Start
Das ist alles soweit ok, aber es fehlen irgendwie im ersten Plattendrittel die großen mitreißenden Momente. Es müffelt so ein bisschen nach Durchschnitt, das hat man alles schon viel besser gehört, auch von den Herren selber. Alles wirkt irgendwie ein bisschen wie „Wir müssen halt wieder mal eine Scheibe veröffentlichen.“ Klingt etwas nach Pflichterfüllung, nicht mehr. Da fehlt etwas der Enthusiasmus, da mangelt es irgendwie an Spannung. Auch wenn rein handwerklich natürlich alles im grünen Bereich ist.
Aber ENTRAILS wären nicht ENTRAILS, wenn sie diesen leicht getrübten Eindruck nicht korrigieren würden. Und das gelingt den Schweden schon recht gut mit „In The Shape Of The Dead“ und „Gravekeeper“, so richtig aber dann ab „Destination Death“. Hier triefen ENTOMBED und vor allem DISMEMBER aus jeder Pore, sehr cool. Und seien wir mal ganz ehrlich, genau darum geht es ja letztlich bei genau dieser Art von Mucke.
Auch das dreckig-rockige „Crawl In Your Guts“ ist so ein Treffer. ENTRAILS können es ja, das steht doch völlig außer Frage. Nur leider zeigen sie es hier nicht… Stopp, das hatten wir ja schon, weiter mit den positiven Aspekten. „For Whom The Head Rolls“ ist nicht nur einer der genialsten Songtitel des Jahres, auch der Track selber kann eine ganze Menge.
Eine verlässliche Konstante in der Welt des nordischen Todes
ENTRAILS steigern sich im Laufe der Scheibe, ganz klar, die Songs werden ganz einfach zwingender. Weitere Beispiele gefällig? „Evils Of The Night“ überzeugt nicht nur mit seiner knackigen Kürze, sondern vor allem mit seiner erfrischenden Wucht. Und das abschließende äußerst doomige „Cathedral Of Pain“ fällt zum einen ziemlich aus dem Rahmen, punktet zum anderen aber gerade deswegen. Hier zeigen ENTRAILS eindrucksvoll, dass sie auch solche langen Songs dank ihrer Ideen mit jeder Menge Leben füllen können.
Was bleibt also unterm berühmten Strich stehen? Nun ja, einerseits präsentieren sich ENTRAILS zwei Drittel lang als absolut verlässliche Konstante in der Welt des nordischen Todes. Andererseits fehlt gerade bei den ersten Songs irgendwie der letzte Punch. Aber nochmal, nicht falsch verstehen, wir haben es auch da durchaus mit soliden Songs zu tun. Doch nur solide reicht mir bei ENTRAILS nach so vielen Jahren im Geschäft halt einfach nicht. Zum Glück kriegt jedoch „Rise Of The Reaper“ noch rechtzeitig die Kurve. Also Ende gut, fast alles gut.
Der Punch fehlt schon allein wegen dem schlappen Schlagzeugsound. Sehr schade, da hatte ich nach den Vorgängern mehr erhofft.
Wegen DES Schlagzeugsounds. So viel Zeit muss sein. 🙂