Haben sich ENTOMBED, also die schwedische Death-Metal-Legende in der Inkarnation mit Alex Hellid, Uffe Cederlund und Nicke Andersson, im vergangenen Jahrzehnt eh schon rar gemacht, liefern sie nun einen weiteren Hinweis ab, dass es mit neuem Material noch ein wenig dauern könnte. Während nämlich LG Petrov und Mitstreiter als ENTOMBED A.D. für August bereits ihr drittes Album angekündigt haben, kommt unter dem Banner ENTOMBED mit „Live Clandestine“ jetzt die Zweitverwertung der Zweitverwertung: Dabei handelt es sich um die Neuauflage des 2016er-Livemitschnitts des Klassikeralbums „Clandestine“ auf Vinyl. Wer sich also schon vor zwei Jahren das 2CD/DVD-Set gleichen Namens zugelegt hat, muss sich um den Inhalt keinen Kopf machen: Enthalten ist diesmal allerdings nur die Bandversion, während die Fassung mit Orchester außen vor bleibt.
„Live Clandestine“ ist die Zweitverwertung der Zweitverwertung …
Braucht man „Live Clandestine“? Zunächst einmal ja. Denn über die Qualität des Zweitwerks der Schweden gibt es keine zwei Meinungen. Das Album zeigte das Quintett gegenüber dem Debüt „Left Hand Path“ moderat und an den richtigen Stellen gereift, und das mündete in schmissigen Songs, wie dem unsterblichen Stranger Aeons“. Das war Death Metal in seiner puren Form, allerdings schon nicht mehr ganz so rüpelhaft und heruntergeschreddert wie noch zuvor.
Dann gibt es nicht wenige Altfans, die angesichts der Darbietung im November 2016 immer noch feuchte Augen bekommen: Vor allem die Hinzunahme der ehemaligen MORBUS CHRON-Musiker Robert Andersson (Vocals) und Edvin Aftonfalk (Bass) wird als die richtige Maßnahme beschrieben. Was die beiden abliefern, ist mehr als leidenschaftlich. Das scheint auch die drei Altmitglieder angesteckt zu haben – die waren ja an der veränderten Ausrichtung ENTOMBEDs ab Mitte der Neunziger nicht ganz unschuldig, aber wenn man das abschließende „Left Hand Path“ so hört, scheint der alte Spirit wieder aufgekeimt zu sein.
… aber Fans bekommen bei der Darbietung feuchte Augen
Ob man das alles daheim für das Wohnzimmer benötigt, muss hingegen jeder mit sich selbst ausmachen: Außer einem kurzen Intro und dem „Left Hand Path“-Bonus enthält „Live Clandestine“ lediglich das namensgebende Album in der originalen Reihenfolge. Die Publikumsreaktionen sind eher marginal wahrnehmbar, und ein paar Wackler gerade bei den Leads gibt es auch. Selbst die immer ein wenig unsicher anmutenden Drumfills am Anfang von „Stranger Aeons“ hat Nicke Andersson nicht ‚verbessert‘. Wer also bei den Stichwörtern „ENTOMBED 2016“ und Vinyl immer noch feuchte Augen bekommt, bitte. Alle anderen greifen zur 2CD/DVD-Version (wobei es sich durchaus ausgiebig über Band-mit-Orchester-Alben streiten lässt) und/oder warten, was von Nicke, Uffe und Alex noch so kommen mag.
Album hören und dazu das Interview aus der aktuellen Rock Hard.