Ensiferum - Unsung Heroes

Review

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Ist es eine schwere Bürde, eine Rezension zu einer neuen ENSIFERUM-Platte zu schreiben? In gewisser Weise schon. Die Finnen haben meiner Meinung nach ihr bestes Album schon veröffentlicht, “Victory Songs”. Auf der Scheibe hatten sie die perfekte Balance zwischen Mitsinghymnen, straightem Metal-Stoff und technischem Anspruch. Auf dem Nachfolger “From Afar” folgte dann eine kleine Kurskorrektur hin zu progressiverem Songwriting. Dieser Weg wird auf dem neuen Album “Unsung Heroes” konsequent fortgeführt.

ENSIFERUM fühlen sich im Folk Metal nach wie vor sehr wohl und werden dieses Genre wohl auch nie wirklich verlassen, aber sie loten die Grenzen des Machbaren auf dem neuen Album doch hörbar bis ins Extrem aus. Die Leichtigkeit, mit der frühere Songs der Band verbunden waren, ist einer musikalischen Ernsthaftigkeit und einem progressivem Anstrich gewichen, bei dem ich mir noch gar nicht so sicher bin, ob ich das so gut finde. Zugegeben, ENSIFERUM haben schon immer eine epische Seite und auch schon immer orchestrale Arrangements auf ihren Platten gehabt, doch so präsent wie auf “Unsung Heroes” waren diese Elemente noch nie. Dabei fängt das Album eigentlich genau so an, wie man es von der Band gewohnt ist.
Nach kurzem, instrumentalen Intro (“Symbols”) legen die Finnen mit “In My Sword I Trust” eine Midtempo-Hymne vor, die in der gewohnten Tradition steht. Die Chöre laden schon beim ersten Durchlauf zum Mitsingen ein, die Gitarrenarbeit ist melodisch und gleichzeitig technisch auf der Höhe, und auch Arrangements sowie Sound sind perfekt in Szene gesetzt. Der folgende Titeltrack kommt dann etwas schwerfälliger aus den Boxen, hat aber auch einen wunderbaren, melancholischen Refrain verpasst bekommen. Das schon auf dem Metalfest intonierte und auf seine Livetauglichkeit getestete “Burning Leaves” kann ebenso überzeugen wie die beiden Vorgänger. Dieses Trio macht sehr deutlich, dass ENSIFERUM anno 2012 alles andere als eine ‘Easy-Listening-Band’ sind. Die Stücke auf “Unsung Heroes” strotzen so vor Musikalität, dass man das Gefühl hat, die Songs würden allesamt Überlänge haben. De facto geht aber nur das abschließende “Passion Proof Power” mit siebzehn Minuten als Longtrack über die Zielgeraden. Die Nummer wiederum bündelt alle Stärken der Band auf “Unsung Heroes” und zeigt nochmal eindrucksvoll, welche famose Entwicklung die Band in den letzten Jahren gemacht hat und wie selbstsicher sich die Band auch an balladeske Stücke wagt, wie das sehr gefühlvolle, zerbrechliche “Celestial Bond”, bei dem die weiblichen Vocals direkt unter die Haut gehen, oder “Last Breath”, das von seiner Stimmung her optimal in den Kontext der Platte passt.

Mit “Retribution Shall Be Mine” und “Pohjola” befinden sich zwei Nummern auf dem Album, die man am ehesten als typische ENSIFERUM-Schlachthymnen bezeichnen kann. Hier schlagen die Finnen den Bogen zu ihren vormaligen Veröffentlichungen. Dabei bedient sich die Band aber nicht einfach an ihrem Backkatalog, was sicher die einfache, sichere Variante gewesen wäre, sondern addieren orchestrale Passagen, die, wie bei den anderen Nummern auch, oftmals an Filmmusik und Komponisten wie Basil Poledouris erinnern. So spannen die beiden Stücke – wie gesagt – den Bogen in die Vergangenheit, sind in den Albumkontext aber vollends integriert, so dass sie nicht wie Fremdkörper wirken. Der sperrigste und zugleich musikalischste Track auf dem neuen Album ist aber ohne Zweifel das schon erwähnte “Passion Proof Power”. Hier ziehen ENSIFERUM noch einmal alle Register ihres Könnens und erschaffen einen Mammut-Song, der bislang einzigartig in der Geschichte der Band ist. In knapp siebzehn Minuten gibt es schöne Gitarrenmelodien, schnelle Passagen zum Headbangen, Soprangesang und eine Art Hörspiel, welches in deutscher Sprache gehalten ist. An der Nummer werden sich die Geister scheiden, keine Frage. In dem Albumkontext von “Unsung Heroes” mit den ganzen orchestralen Passagen, passt das Stück aber absolut und beschert der Platte ein großes Finale.

“Unsung Heroes” klingt wie aus einem Guss. Man kann sofort den roten Faden erkennen, der den Hörer durch die knapp über sechzig Minuten Musik führt. Insgesamt hat die Platte ein melancholischeres Flair als die anderen Alben der Band, und auch die omnipräsente Orchestrierung in den Songs ist in der Form neu. Trotzdem haben die Finnen ein Album erschaffen, das unverkennbar ihre Trademarks beinhaltet. “Unsung Heroes” braucht seine Zeit, um sich zu entwickeln, dann aber fügt sich das Album nahtlos in die Diskographie der Band ein. Es sollte auch jedem klar sein, dass es da mit zwei, drei Durchläufen nicht getan ist. Für den Moment haben ENSIFERUM ein Album gemacht, das den Hörer vor seinem inneren Auge auf eine abenteuerliche Reise durch den kalten Norden mitnimmt und musikalisch das anspruchsvollste ihrer bisherigen Karriere geworden ist.

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10.08.2012

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2 Kommentare zu Ensiferum - Unsung Heroes

  1. Domme sagt:

    Hej,
    kann dem soweit zustimmen. „Victory Songs“ war und ist auch bei noch nr1-Album von den Typen. Aber wie schon bei „From Afar“ braucht das Album bei mir noch seine Zeit…
    „Unsung Heroes“ kommt nicht ganz so flott daher wie „Victory Songs“, ist komplexer und die Tracks unterschiedlicher, aber trotz allem wird sich mir seine volle Wirkung schon noch entfalten.
    Das deutsche Zwischengelaber allerdings verfehlts bei mir völlig :D… weiß nicht, das hat in diesem Lied inhaltlich doch nichts zu suchen… wäre meiner Meinung nach besser als Intro von nem kleinen Track, der Sparte „one more magic potion“ geeignet.
    ich sag mal bis jetzt 7,5 (mit evtl trend nach oben)

  2. euronimus sagt:

    Ensiferum sind den Weg von From Afar zu mehr Komplexität, Progressivität und Bombast weitergegangen, allerdings kann ich dem neuen Album im Gegensatz zu From Afar wesentlich weniger abgewinnen. Das liegt gar nicht so sehr an den eben genannten Dingen, sondern schlicht und ergreifend am Songwriting. Man kann es melancholisch nennen, aber eben auch langweilig. Bis Track 4 kann man noch gute alte Ensiferum Trademarks finden, ab dann wirds sehr sehr beschaulich. Während die folgende Ballade noch mit einer schönen und eingängigen Melodie punktet, sterben die nächsten vier Songs in Beschaulichkeit. Da helfen die orchestralen Parts nur wenig, wenn das Songwriting einfach nur öde ist. Kaum Tempo, keine griffigen Melodien stattdessen mal ne Geige oder Sprechgesang. Das 17minütige Passion,power,proof ist dann nur noch ein wirrer Progeintopf ohne Pep und Konzept, da scheint kein Part zum andernen zu passen, wie das live zünden soll, ist mir rätselhaft. Leider nur 6 Punkte