Enemy Of The Sun - Shadows

Review

Feind der Sonne? Ja, sacht mal… ihr habt sie ja wohl nicht mehr alle! Wie kann man denn in Zeiten explodierender Energiepreise gegen die Sonne sein? Gerade jetzt, da das Öl immer teurer wird und überdies zur Neige geht, wollt ihr gegen die Sonne Stellung beziehen? Deren Energie müssen wir uns doch zunutze machen- für Milliarden Jahre reicht die aus. Und die CO2-Bilanz erst… uns steht das Furzverbot bevor und ihr seid gegen die Sonne… was kommt als nächstes? Hass auf Erdwärme?

Gut, dass der Vierer nicht während der Konferenz auf Bali aufspielen muss; das würde gewiss fürchterlich Prügel setzen, und das wäre wiederum schade, ist die Musik doch außerordentlich erfrischend geraten. In etwa so wie die auf dem letzten GRIP INC.-Album… könnte natürlich daran liegen, dass ENEMY OF THE SUN laut Promomaterial die ganz offizielle Nachfolgeband von GRIP darstellen. Und auch daran, dass Klampfen-/Produzentenass Waldemar Sorychta mal wieder sämtliche Fäden in Händen hält.

Gleich zu Beginn sind die typischen Sorychta-Riffs zu erkennen und scheinen zunächst auch die Marschrichtung vorzugeben. Doch “Shadows“ ist beileibe kein einfacher “Incorporated“-Nachfolger. Das liegt erst einmal natürlich an der Tatsache, dass die restliche Besetzung von GRIP nicht mehr an Bord ist. So beweist Sänger Jules Näveri ein wesentlich breiteres Spektrum als ein Gus Chambers, welches er bei fast jedem Song auch eindrucksvoll abdeckt. So kann er bei den melodiösen Chören ebenso glänzen wie bei den Thrash-Shouts. Auch wenn es noch ein wenig derber zugeht, weiß er sich mit angegrowltem Gekeife gegen die Instrumentalfraktion durchzusetzen. Trommelderwisch Zeman beherrscht songdienliches Powerdrumming, wie es für die energetische Mucke vonnöten ist, aus dem Effeff.
Doch wenn man sich Nachfolgeband von GRIP schimpft, dann muss man sich auch an dieser Formation messen lassen. Bis der Sänger das Charisma und die Ausdruckskraft von Chambers erreicht, wird gewiss soviel Zeit vergehen, bis der Drummer eine Art Lomby-Magie entwickeln kann.

Doch ist ja auch die Mucke nicht unbedingt zu hundert Prozent GRIP-kompatibel, obzwar die Basis nach wie vor kerniger, weiterentwickelter Thrash ist. Sicher hätte das ein oder andere Riff und auch manch ganzer Song gut auf “Solidify“ und “Incorporated“ gepasst und der Track “Lives Based On Conflicts“ hört sich sehr nach “Pathetic Liar“ an, doch erreicht das Riffing stellenweise sogar Todesmetall-Intensität (“Brain Sucking Machine“). Aber gerade die Chöre sind anders geraten. Sorychta ist ein Stück weit moderner geworden, ohne dabei die Vielschichtigkeit und die unbestreitbare Eigenständigkeit aus den Augen zu lassen. Ab und an hat er vielleicht auch an SYSTEM OF A DOWN gedacht (“The Sun Will Die“). Oder wollte eben auch mal Zappa mit Metal kreuzen. Dabei gelingt es ihm gleich zu Anfang, mit dem Opener “Emptiness“ und dem nachfolgenden “Burning Bridges“ zwei Ohrwürmer abzuliefern. Ungebrochen scheint zudem seine Vorliebe für spanische Klampfen, die hin und wieder Verwendung finden. Alles in allem hat der Meister eine höchst abwechslungsreiche, sehr intensive, schwierig zu kategorisierende und selbstverständlich sauber produzierte Scheibe aufgenommen. Den Glanz des letzten (jetzt wohl für immer letzten) GRIP INC. – Albums kann er zwar nicht vollständig aufblitzen lassen, doch ist “Shadows“ keinesfalls ein schwacher Abglanz, sondern knüpft in der Tat an die vorhergegangenen Großtaten an. Sollte die Band mehr Bestand haben als ihre Vorgängerin, so darf man sicher noch Einiges erwarten.

Aber als Strafe für die Wahl des umweltpolitisch so was von inkorrekten Namens müssen ihre Mitglieder acht Wochen lang ausschließlich mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren!

03.12.2007
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