DAS WARTEN HAT EIN ENDE – ABER HAT ES SICH GELOHNT?
Auch wenn sich die Band offiziell erst 2006 aufgelöste und sich bereits 2010 reformierte, erschien das letzte EMPYRIUM-Album „Weiland“ anno 2002. Zwölf Jahre sind also vergangen, seitdem der Durst der Fans nach neuem Material das letzte Mal gestillt wurde – die üblichen Wiederverwertungen bekannter Werke in Form von Compilations, Livealben et cetera mal ausgenommen. Erst im letzten Jahr gab es mit der „Dead Winter Ways“-Single ein neues Lebenszeichen, und im Juli hat das bayerische Duo nach all dem Warten die Geduld der Fans belohnt.
„The Turn Of The Tides“ heißt EMPYRIUMs neues Studioalbum, und es wird den Fans insofern gefallen, als dass sie ein Werk vorgesetzt bekommen, auf dem viele der heißgeliebten Trademarks der Band vorhanden sind. Allerdings lässt sich auch guten Gewissens verkünden: Ein weiteres Meisterwerk haben die Herren Schwadorf und Helm nicht aufgenommen.
AUFBAUENDE POESIE UND MELANCHOLIE
„The Turn Of The Tides“ beginnt mit dem zunächst ruhigen, sich im weiteren Verlauf steigernden „Saviour“, das einen emotional aufbauenden, erhebenden, ungewohnt positiven Eindruck macht und seinen Höhepunkt in der repetetiv eingesetzten Textzeile „There is no thing without beauty at all…“ findet. EMPYRIUM melden sich also nach all den Jahren mit einer positiven Message zurück und machen damit zumindest gespannt auf das, was noch folgt. Der Rest von „The Turn Of The Tides“ nimmt diesen Faden jedoch nicht auf, sondern entwickelt sich in eine nachdenklichere, emotional bedrückendere und melancholischere Richtung.
Bereits das folgende „Dead Winter Days“, bekannt von der letztjährigen Single-Veröffentlichung, fühlt sich anders an. Nicht schlechter: Besonders die weinende E-Gitarre, die sich im letzten Drittel zu den Streichern und Keyboards gesellt, welche den Anfang des Songs dominierten, stellt eine überaus gelungene Idee dar. Aber das erhebende, aufbauende Feeling von „Saviour“ wird nicht durchgezogen, sondern von der melancholisch-bedrückenden Stimmung von „Dead Winter Days“ zertrümmert.
Dieser emotional drückendere Pfad ist auch jener, den EMPYRIUM auf „The Turn Of The Tides“ weiter verfolgen. Damit ist nicht nur der erste Eindruck, den sie ihren Hörern vermitteln, ein falscher, sondern damit verbauen sie sich auch die Möglichkeit eines wahrlich besonderen und aus der Masse herausstechenden Albums. „The Turn Of The Tides“ ist ein weiteres Neofolk-/Dark-Folk-Album, das auf die melancholisch-depressive Schiene setzt, wenngleich sich EMPYRIUM auch nicht scheuen, wieder ein paar Metal-Elemente mehr in ihre Musik einzubauen.
EMOTIONALE DURCHSCHLAGSKRAFT? FEHLANZEIGE!
Das jedoch ist nicht der größte Kritikpunkt, den sich EMPYRIUM anno 2014 vorwerfen lassen müssen. Viel schwerer wiegt, dass sie mit „The Turn Of The Tides“ bei aller musikalischer Neuartigkeit einen Weg einschlagen, den sie atmosphärisch bereits gegangen sind, es aber nicht schaffen, die emotionale und atmosphärische Zugkraft vorhergehender Alben zu erreichen. Das Album ist kantenloser, moderner und auch kitschiger als EMPYRIUM in der Vergangenheit waren. Ja, Kitsch: Hart an der Grenze zum Kitsch bewegten sich EMPYRIUM eh immer. Auf „The Turn Of The Tides“ überschreiten sie diese aber nicht nur einmal – man höre den kompletten Titeltrack am Ende des Albums.
NICHT SCHLECHT, ABER FRÜHER WAR ALLES BESSER
Das alles mag sich furchtbar negativ lesen, ist aber nicht so krass gemeint. EMPYRIUM haben mit „The Turn Of The Tides“ immerhin ein Album aufgenommen, das unverwechselbar nach ihrem eigenen Stil klingt, und das nicht nur die allermeisten Trademarks der vorangegangenen Meisterwerke beinhaltet (die ersten beiden Alben natürlich mit Abstrichen), sondern auch den Blick nach vorne nicht scheut. Allein auf emotionaler und auf atmosphärischer Ebene schaffen es die beiden Musiker nicht, an ihre Heldentaten vor dem Bandsplit heranzureichen. Da aber genau das die Gründe sind, aus denen sich die allermeisten Fans eine EMPYRIUM-Platte anschaffen werden, kann diese Review einfach nicht als Empfehlung gelten.
Ich bin jetzt auch nicht unentwegt begeisert von diesem Album, einige Arragmenents sind mir vor allem zu einfach gestrickt und einige Songs kennt man schon, aber dem Album die Klasse abzusprechen, weil es depressiv-melancholisch klingt und nicht positiv, ist schon sehr merkwürdig. Zudem empfinde ich das Album in keinster Weise depressiv, was einem negativen Empfindungszustand gleichkommt. Ganz im Gegenteil liebe ich es mich dieser Stimmung, dieser Melancholie auszusetzen und sehe darin nichts depressives. Ich kann auch keinen Kitsch erkennen, den erkenne ich bei hunderten anderen Folk Bands eher, als beim Empyrium. Z.B. The Moon and the Nightspirit, welches hier abgefeiert wird. Der durchaus schöne, aber auf Dauer nervende, da zu ekzessiv angewendete weiblich Gesang ist für mich deutlich eher dem Kitsch zuzurechnen. Es stimmt aber, Dead Winter Ways passt irgendwie nicht so recht zu der Stimmung des Albums und wirkt wie ein Fremkörper. Den Rest empfinde ich allerdings als sehr homogen.
Ein klasse Album. Wenn der Rezensent hier von Kitsch spricht, was soll man dann von den ersten beiden Empyrium-Alben sagen? Für mich hebt sich ‚The Turn Of The Tides‘ positiv aus der Masse ähnlich konzipierter Projekte heraus…ist eben nicht die 1000ste gleich klingende Neofolkplatte. Für mich eine 8/10