Was als Ausgleichspol und Nebentätigkeit abseits von RAMMSTEIN begann, hat sich mittlerweile zu einer Konstante im Musikkosmos gemausert. Richard Z. Kruspes Zweitspielwiese EMIGRATE veröffentlicht mit „The Persistence Of Memory“ schon Album Nummer vier, auf welchem Ideen der vergangenen 20 Jahre vereint werden. Warum das aber lange nicht heißt, dass es ein Resterampen-Album oder eine B-Seiten-Sammlung von „A Million Degrees“ ist, wollen wir nun ergründen.
EMIGRATE sind grenzenlos
Dass RAMMSTEIN die Massen zu Recht begeistern, ist klar. Genau so klar ist aber auch, dass sich die sechs Musiker in ein enges Korsett zwängen, welches sie nur bedingt ablegen können. Bei EMIGRATE ist das anders. Hier setzt sich Mastermind Kruspe keine Grenzen und lässt seiner Inspiration freien Lauf, was schon zu diversen Featurebeiträgen auf den Vorgängeralben geführt hat, mit Gästen, die man auf solch einem Album nicht zwingend vermuten würde.
Die Gastparade wurde für „The Persistence Of Memory“ auf ein Feature mit Till Lindemann in „Always On My Mind“ heruntergefahren, ein Stück, das ursprünglich durch ELVIS PRESLEY sehr bekannt wurde. Die Nummer funktioniert gerade deswegen so gut, weil das Duo nicht einfach das Erfolgsrezept ihrer Hauptband kopiert, sondern Lindemann als charismatischer Sänger auf seine Art und Weise für das Stück ein würdiger Presley-Nachfolger ist. Zudem zeigt es, wie sehr Till in der Lage ist, seinen deutschen Akzent im Englischen herunterzufahren, wenn er möchte.
Die Single „Freeze My Mind“ hat in seiner Ursprungsversion schon zwanzig Lenze auf dem Buckel und ist ein stimmiger Industrial-Rocker mit absolut einprägsamer Hook und ebenso einfangenden Strophen. Eine gute Wahl für eine Videoauskopplung. „Yeah Yeah Yeah“ geht zwar im Gesamtkonzept nicht so stark ins Ohr wie die ersten drei Songs, aber er wäre prädestiniert für Liveaufführungen, von denen EMIGRATE sich ja bekanntlich fern hält.
Ein Blumenstrauß emotionaler Melodien
Kruspe erzählte uns im Interview, dass er mit EMIGRATE eigentlich nur Musik macht, wenn es ihm gerade schlecht geht. Das wirkt sich nicht direkt auf die Stimmung des kompletten Albums aus, wird aber in Versatzstücken von Songs wie „Come Over“ deutlich, welche so herrlich melancholisch sind, dass sie zum Träumen einladen. Diese Stimmung wird ebenfalls vom Albumcover reflektiert, das erneut Kruspes Kopf ziert, dieses Mal in Planetengröße im Weltraum.
„You Can’t Run Away“, ebenfalls mit aufwändigem Musikvideo ausgestattet, vermittelt gleichzeitig Hoffnung und Ausweglosigkeit. Diese Gegensätze miteinander zu verbinden, muss auch erst einmal geschafft werden. Das letzte Trio an Songs kann zwar das Niveau der ersten sechs Stücke nicht ganz halten, aber alles in allem schmeißt einen „Let You Go“ am Ende passend raus.
„The Persistence Of Memory“ – Mehr als nur Resterampe
Dafür, dass EMIGRATE eigentlich nur drei, vier neue Songs veröffentlichen wollte, ist mit „The Persistence Of Memory“ eine erstaunlich runde Angelegeheit enstanden und obwohl wir Richard Z. Kruspe natürlich alles Gute wünschen und nicht, dass es ihm schlecht geht, hoffen wir, dass es auf diesem Niveau weiter geht.
Emigrate mal anders….etwas mehr zurückhaltender wie ich finde. Können Songs wie „Freeze my Mind“ oder „I‘m still alive“ noch überzeugen, fallen andere eher ab und sind zum Teil nur Füllmaterial.