Ellende - Todbringerin

Review

Einige werden beim neuen Album “Todbringerin“ der Österreicher ELLENDE ein leichtes Déjà-vu empfinden. Und zu Recht. Das fünfte Studioalbum ist eine Neuaufnahme des 2016er Albums “Todbringer“. Da die Lizenzen des originalen Albums nicht vollständig der Band gehören und alle Aufnahmen vom damaligen Tonstudio gelöscht wurden, war eine Neuaufnahme des Albums der logische nächste Schritt.

Die „Todbringerin“ hat eine spitzere Zunge als ihr Vorgänger

Analog zum ursprünglichen Album, haben ELLENDE auf “Todbringerin“ die Reihenfolge und Benennung der einzelnen Titel beibehalten. Einzig der ursprüngliche 15-Minuten-Track „Scherben“ ist mit der Neuaufnahme in “Scherben Teil I“ und “Scherben Teil II“ unterteilt. Außerdem sticht das Cover aus der Reihe der bisherigen Veröffentlichungen hervor. Das Motiv des Skeletts reiht sich zwar optisch hinter “Todbringer“ und “Lebensnehmer“ ein, aber die Darstellung des Logos und die helle Farbkomposition sind in der dunkel gehaltenen Diskographie ein absoluter Hingucker.

Gibt es trotz gleicher Reihenfolge und Benennung der Songs denn klare klangliche Unterschiede? Absolut! Die “Todbringerin“ wirkt im Gegensatz zu ihrem Vorgänger deutlich geschärfter und pointierter. Die Neuaufnahme der “Ballade Auf Den Tod“ klingt gleichzeitig klarer und natürlicher als die ursprüngliche Aufnahme des Songs. Auch die Vocals von L.G. haben sich in den vergangenen Jahren beachtlich weiterentwickelt und werden in der Neuaufnahme zurecht mehr in den Mittelpunkt gerückt und klarer abgemischt.

Das führt dazu, dass “Todbringerin“, obwohl es theoretisch dasselbe Album ist, einen ganz eigenen Charakter und eine andere Atmosphäre hat. Die Neuaufnahme kommt ohne Verzerrungen über Einspielern und Vocals aus und trifft das Ohr deswegen deutlich direkter und schärfer. Wenn “Todbringer“ noch die Regendusche war, dreht “Todbringerin“ erbarmungslos den Massagestrahl auf. Vor allem bei “Versprochen…“ ist der Unterschied hörbar und die Neuaufnahme gibt dem Song durch tiefere Instrumente und das Weglassen von Rauschen mehr Raum für Intensität und Melancholie.

ELLENDE beweisen ihre Entwicklung im Direktvergleich

“Todbringerin“ zeigt, wie viel ELLENDE sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt haben und präsentiert dasselbe Album mit denselben, packenden Melodielinien und Themen noch einmal in einer klareren, erwachseneren Atmosphäre, die sich vom Original mehr als genug unterscheidet, um ihre eigene Daseinsberechtigung zu haben. Ob klar und pointiert oder verzerrt und matschig ist wohl eine individuelle Geschmacksfrage. Aber ganz egal ob in maskuliner oder femininer Ausführung: Für Freunde der gepflegten Melancholie ist dieses Album Pflicht!

23.08.2024

"Es ist gut, aber es gefällt mir nicht." - Johann Wolfgang von Goethe

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