Ellende - Lebensnehmer

Review

Galerie mit 16 Bildern: Ellende - Scherben Tour 2024 im Badehaus, Berlin

Versucht man bestimmten Nationen anhand ihrer aktuellen Bands eine gewisse Emotion anzudichten, versinkt Österreich wohl in Depressionen. ELLENDE machen hier keine Ausnahme, wählen im Vergleich zu ihren Genre-Kollegen und Landsleuten von zum Beispiel KARG oder HARAKIRI FOR THE SKY auf „Lebensnehmer“ aber zumindest einen etwas schrofferen Ansatz.

ELLENDE spielen melancholischen Post-Black-Metal ohne in Selbstmitleid zu versinken

Natürlich sind auch die Jungs aus Graz melodisch, schwermütig und melancholisch, aber sie nutzen die Melodien nicht durchgehend als treibendes Element. Stattdessen kommt ELLENDE zu gute, dass sie neben Post-Black-Metal ein bisschen mehr reinen Black-Metal-Spirit an den Tag legen und ihren Songs so eine spürbaren Hauch Dunkelheit und Kälte verleihen. So zum Beispiel in „Augenblick“. Nicht falsch verstehen, auch „Lebenshemmer“ haftet eine grundsätzlich melancholisch-traurige Stimmung an, nur wird diese nicht dauerhaft in Melodien ertränkt, sondern lässt etwas Raum für Kanten zum Stoßen und auch einige wenige wütend-wüstere Ausbrüche.

„Lebensnehmer“ ist ein wirklich gutes Genre-Album

Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass ELLENDE dem Zeitgeist entspringen und eben jene Post-Black-Metal-Elemente nutzen, die zerbrechlich wirken. Schönheit und Melancholie bedingen sich in diesem Genre schließlich auf elementare Art und Weise. Gelungen an „Lebensnehmer“ ist, dass es eher wehmütig klingt, als nach einer Band, die durchgehend im Selbstmitleid versinkt. Dadurch wirken ELLENDE direkter und offensiver und ja, weniger bemitleidenswert – zum Beispiel in „Die Wege“. Auch wenn, und hier müssen sich die Österreicher an die eigene Nase packen, sie nicht drum herum kommen in ausladende Klanglandschaften zu versinken, die eher einem Selbstzweck dienen, als wirklich atemberaubend zu sein („Ein Stück Verzweiflung“).

Daher bleibt es ein Album, das Genre-Liebhabern das haltbare Versprechen gibt, dass sie sich hier sofort heimisch fühlen. Dass ELLENDE ihr Handwerk verstehen wird allein daran deutlich. Auch wenn „Lebensnehmer“ sicher einige überraschende Wendungen gut gestanden hätte, lässt sich so ein Album eben gut hören – nicht frei von Kitsch, aber eben auch nicht klebrig-schwülstig.

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25.03.2019

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5 Kommentare zu Ellende - Lebensnehmer

  1. ClutchNixon sagt:

    Alter, was habt ihr euch bei dieser beschissenen Snare gedacht. Der von meinem Kind mit Leidenschaft zugeballerte Deckel des Badezimmerkübels hat einen satteren Sound. Schade, denn das epische Moment hat die Band raus und dürfte ob ihrer Räudigkeit auch die Traditionalisten zufriedenstellen. Werde ich im Auge behalten. Ohnehin zieht Österreich in diesen Gefilden langsam, aber sicher an Frankreich vorbei

  2. Master sagt:

    Ich finde das Album toll und nachdem ich sie letzten Samstag in Oberhausen live erlebt habe, sogar noch besser. Hätte nicht gedacht, dass es live so überzeugend rüberkommt.

    Irgendwie scheint hier bei den Reviews immer eine gewisse Post-Black-DSBM-oder was auch immer Müdigkeit zu bestehen. Ich verstehe ja, dass es manchmal eine gewisse Übersättigung zu geben scheint. Mir geht es dafür mit anderen Genres so, die in der metal.de Redaktion dann eher sehr beliebt und hochbewertet sind, obwohl ich sie dann oft beliebig und langweilig finde. Aber ist halt alles Geschmackssache. Ich fühle da nur ein gewisses Ungleichgewicht, da ich in der letzten Zeit schon einige 7er hier absolut großartig fand, während ich so manche 10 in anderen Bereichen nicht nachvollziehen konnte. So bemerkt man als Fan des Genres vielleicht auch mal einige wirklich gute Alben gar nicht.

    9/10
    1. Sylverblack sagt:

      Wer bei so hochsubjektiven Dingen wie Musik oder Bildene Kunst die Wertung für bare Münze nimmt, hat eh noch nie wirklich über Kunst und Geschmack nachgedacht. Das ist allenfalls ein Richtungsbarometer und dient am ehesten noch dazu, den Eindruck des Autors auf eine Zahl zu reduzieren, aber mehr auch nicht.

      1. nili68 sagt:

        Preach! Davon ab weiß ich durch Reviews Band XY hat ’n neues Album draußen, die Stilbeschreibung fällt in mein Beuteschema, den Rest erledigt Youtube. Die Note ist Entertainment..

  3. Gris sagt:

    Genau das, was ich erhofft hatte.

    10/10