Gemessen an ihrem Gründungsjahr 2017 sind ELDERSEER eine junge Band, allerdings mit alter Seele, wie sich noch herausstellt. Die vier gar nicht mal so jungen Herren aus Südengland beglücken Fans der schwermütigen Klänge nach ihrer 2018er EP „Bind Us As One“ nun auch mit ihrer ersten Full-Length „Drown In The Shallowness“. Diese enthält neben den vier bereits veröffentlichten EP-Tracks vier neue Stücke und ist mit fast siebzig Minuten Spielzeit fast schon eine Seltenheit. Da muss man erstmal durch.
ELDERSEER lösen Retro-Alarm aus
Ihre stilistischen Wurzeln und Einflüsse offenbaren sich sehr schnell. ELDERSEER lieben den rauen aber melodiösen Sound des ursprünglichen Gothic (Death) Doom Metals, bei dessen Verbreitung ja insbesondere die Briten maßgeblich beteiligt waren. In den Stücken von „Drown In The Shallowness“ steckt gefühlt einmal alles drin, was seinerzeit auf der Insel, aber auch darüber hinaus, in diesem Bereich Rang und Namen hatte und man kommt nicht umhin, sich in Erinnerungen an „Icon“, „Turn Loose The Swans“ oder gar „Brave Murder Day“ zu ergehen.
Insgesamt haben PARADISE LOST, was die Prägung des ELDERSEER-Klangbildes betrifft, leicht die Nase vorn. Das Riffing und die markanten Leads sorgen unter Anderem bei „Under A Dark Sky“ oder „Drown In The Shallowness Of It All“ für das ein oder andere Déjà Vu. Sogar Barry Copestakes Vocals nähern sich in ihren Facetten zuweilen denen von Nick Holmes an.
Die Stücke mäandern zwischen doomig-zäh und auflebend-dynamisch, wobei der Stimmungslevel selbstverständlich gleichbleibend niedrig ist. Das Quartett aus Surrey kombiniert nach dem Vorbild der Stil-Vorreiter dicke Gitarrenwände mit elegischen, eingängigen Melodien und spielt ausgiebig mit anderen genretypischen Elementen wie Piano oder Gitarrensoli.
Nicht alle Songs sind gleichermaßen leicht zugänglich „She Is The Ocean“ und „The World Is Your Cloister“ setzen z. B. mehr auf eine düstere Subtilität und gehören damit zur sperrigeren, aber auch eigenständigeren Sorte. Die deftige Schlagseite des Genres bedienen ELDERSEER mit „The Struggle Is Ethereal“ in bester Old-School-MY-DYING-BRIDE-Manier in der Strophe, aber mit einem leichtem „Embers Fire“-Touch im cleanen Chorus.
Wie eingangs erwähnt ist die Scheibe mit gut achtundsechzig Minuten und einer durchschnittlichen Songlänge von achteinhalb Minuten nichts für „schnell mal Zwischendurch“. Für Doom-Enthusiasten natürlich lachhaft – wer sich aber aus anderen Genres oder aufgrund der Nähe zu benannten Bands in deren späteren Ausprägungen heranpirscht, braucht möglicherweise etwas mehr Geduld, da ELDERSEER zur Doom-üblichen Ausdehnung von Riffschleifen neigen.
„Drown In The Shallowness“ – eine musikalische Rückblende
ELDERSEER punkten mit musikalischem Können und vor allem damit, dass sie bei so manchem den „Das-waren-noch-Zeiten“-Nostalgie-Nerv reizen. „Drown In The Shallowness“ ist ein Schrein für den Gothic Doom Metal der alten Schule und spricht Fans genau dieser Ära gezielt an. Wen also dieser Sound nie losgelassen hat, der erfährt hier eine kleine Zeitreise.
Die Briten erschaffen eine dichte Atmosphäre mit einem Hauch von Mystik und viel 90er Pathos. Manchmal etwas zu nah an ihren Idolen gelingt ELDERSEER dennoch eine hörenswerte Retrospektive. Freunde des gemächlichen, melancholischen Metals können bei „Drown In The Shallowness“ gefahrlos ein Ohr riskieren.
Seligkeit, ob der Huldigung an alte Anathema stellt sich rasch ein und das einzige, was mich stört, ist die ein, oder andere Dissonanz, will sagen atonalen Ausflüge der Lead Gitarre. Klasse cleans auch! Gerne mehr davon 😍
Von den Cleans hört man leider wenig im Video, dafür ganz nettes Listerine Gegurgel… ;))
Im letzten Drittel des Songs holt mich das dann auch ab, bis dahin war es mir etwas zu abgekupfert. Bin mal gespannt auf das Album.
Ein neueres Video gab es leider nicht. Aber für Freitag, 3.3., ist ein Lyric-Video zu „Under The Dark Sky“ angekündigt. Die Platte ist ja schon raus – musst also nicht mehr warten 😊
Naja, zu meiner Verteidigung darf ich einwerfen, dass ich das komplette Album kenne und insofern besagte Vocals im Hinterkopf hatte, als ich hier schrieb 😉