Eisregen - Marschmusik

Review

EISREGEN haben unsere Redaktion, mich inklusive, mit ihren letzten Alben und EPs nicht gerade umgehauen. Zu beliebig, zu plakativ waren die Thüringer geworden, Hau-drauf statt gekonnt angesetzter Provokation wie noch zu Zeiten von „Leichenlager“ oder „Krebskolonie“. Auf ihrem neuen und mittlerweile elften Album „Marschmusik“ erinnern sich Herr Blutkehle Roth und seine Mitmusiker jedoch vermehrt an alte Stärken und veröffentlichen ihr vermutlich bestes Album seit „Wundwasser“.

„Marschmusik“ startet mit dem wendungsreichen Titelsong sowie dem schwerfälligen „Blutkreis“ stark in seine knapp 50 Minuten Spielzeit. Die beiden Tracks können dabei stellvertretend für das Album stehen: EISREGEN agieren so abwechslungsreich wie selten zuvor, bringen Elemente aus Doom, Death und Black Metal ins Spiel und stellen endlich wieder die Musik vor die plakativen Texte. „Bunkertür“ ist im Anschluss ein rasanter Uptempo-Groover, „Gott der Panzer“ zeigt, wie gut EISREGEN lyrische Provokation mit ernstzunehmender Musik verquicken können, wenn sie wollen. Weitere gute Stücke finden sich in Form von zum Beispiel „Adlerhorst“ und „Mein Leben auf Deiner Haut“.

Ganz können EISREGEN es jedoch nicht lassen, und so finden sich auch auf „Marschmusik“ ein paar Songs der albernen Seite der Band. „Leichensack“ kleistert mit billigen Keyboards herum und stellt die in Sachen Versmaß und Reimschema gerne abenteuerlichen Texte in den Vordergrund – und sorgt für unfreiwillige Komik. Oder meinetwegen auch für freiwillige – klingt trotzdem dämlich. Ähnlich verhält es sich bei dem abschließenden Doppelpack „Was von Dir bleibt“ und „Panzerschokolade“ (letzterer ist besonders schlimm), sodass „Marschmusik“ doch keine gänzlich runde Sache ist.

Dennoch bleibt unter dem Strich der Eindruck, dass EISREGEN auf „Marschmusik“ so gut sind wie seit Anfang der 2000er nicht mehr. Die Songs, die ohne Blödelei auskommen und die Musik vor die textliche Provokation stellen, überwiegen quantitativ und gehen gut ins Ohr, sind tanzbar und eingängig. Leider wird der positive Eindruck durch die oben genannten Albernheiten relativiert. Schade.

25.08.2015
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