Musikalisch kann man von ihnen ja halten, was man will – ein bisschen Mitleid hat wahrscheinlich trotzdem jeder für die Thüringer von EISREGEN übrig, bedenkt man, dass die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ihnen gleich drei Alben („Farbenfinsternis“, „Wundwasser“, „Krebskolonie“) und eine EP („Fleischfestival“) auf den Index gesetzt hat – ähnlich wie auch bei den US-Kollegen von CANNIBAL CORPSE mag das zwar zeitweise einen Anstieg der Plattenverkäufe bedeutet haben (ich erinnere mich, wie ich den Index als jugendlicher Horror- und Splatterfan hauptsächlich als DVD-Einkaufsliste benutzt habe), aber eben auch das Verbot, bei Liveauftritten die Songs dieser Alben zu spielen (und damit die Lieblingsstücke vieler Fans). Das (oder der finanzielle Aspekt) war dann wahrscheinlich auch der Grund, dass die Band nun „Krebskollektion“ veröffentlicht – eine Compilation voll mit Songs der indizierten Alben (plus Bonus).
Was nun der rechtliche Status dieses Werks ist – indiziert oder nicht -, kann ich nicht sagen (bisher ist mir nicht zu Ohren gekommen, dass die BpjM auch hier zugeschlagen hätte), aber es sind auf jeden Fall die etwas gemäßigteren Songs jener Alben, die es auf diese Best of Banned Albums geschafft haben: Gleich mehr als die Hälfte von „Krebskolonie“ ist enthalten („Vorabend der Schlacht“, „Scharlachrotes Kleid“, „Für Euch, die Ihr lebt“, „Das kleine Leben“, „Abglanz vom Licht“ und „Thüringen“), dazu gesellen sich „Ein Jahr im Leben des Todes“ und die ersten drei Kapitel des „Farbenfinsternis“-Zyklus vom gleichnamigen Album, sowie „Mein Eichensarg“, „Blutgeil“ und „Glas“ vom 2004er Werk „Wundwasser“. Damit ist die erste CD von „Krebskollektion“ nicht nur eine Wiederveröffentlichung der nicht ganz so krassen Songs ihrer „bösen“ Alben, sondern auch ein ganz netter Durchgang durch die Bandgeschichte: Diese Compilation eignet sich nicht nur für Index-Sammler, sondern auch als Einstieg für Neugierige, denn mit „Scharlachrotes Kleid“, „Thüringen“ oder „Mein Eichensarg“ und anderen sind nunmal auch einige Klassiker der Band darauf enthalten.
Einen zusätzlichen Kaufanreiz schafft die zweite CD, für die sich EISREGEN extra nochmal ins Studio begeben haben: „Brut“ ist eine Art Intro, klassische Instrumentierung trifft hier auf einen fies vor sich hin keifenden Michael Roth. Dazu gibt es ein FALCO-Cover („Mutter, der Mann mit dem Koks ist da“), zwei Neueinspielungen bekannter Stücke („Fleischhaus 2012“ und „Scharlachrotes Kleid 2012“), der komplett neue Song „Engelmacher“ sowie ein DEATH-Cover („Born Dead“) und eine Liveaufnahme von „Blutgeil“ (aufgenommen 2008 in Leipzig).
Wie ich eingangs schon sagte: Musikalisch kann man von EISREGEN halten was man will – wer die Band schon immer scheiße fand, der braucht auch „Krebskollektion“ nicht. Fans der Band hingegen müssen abwägen: Wer die indizierten Alben noch nicht im Schrank stehen hat, der kann bedenkenlos zugreifen und bekommt mit der zweiten Disc auch noch einiges für sein Geld; wer eh schon alles hat, muss halt wissen, ob sieben neue Stücke einen Kauf für ihn rechtfertigen. Und neugierige Nicht-Kenner können mit diesem Werk eh nichts verkehrt machen.
Danke für die detaillierte Beschreibung. Sehr gut! m