Eibon Le Furies - Blood Of The Realm
Review
Wir befinden uns wieder einmal in der Welt des Grotesken. Dieses Mal schicken EIBON LE FURIES sich an, uns dahin zu entführen. Ob dies gelingt, oder ob das Groteske letztlich doch nur absurd ist, das lest ihr in den folgenden Zeilen.
Die Band aus der englischen Hauptstadt begann 2005 als Soloprojekt von Lord Eibon Blackwood (ich denke, die ungefähre Richtung, in der die Band sich thematisch bewegt, lässt sich hier schon erahnen) und hat es mittlerweile zu einem festen Line-Up mit sieben Musikern und einem Vertrag bei code666 gebracht. Thematisch setzen EIBON LE FURIES sich mit den okkulten Elementen der viktorianischen Ära auseinander. Kein Wunder also, dass Seitens des Labels die Bezeichnung Victorian Black Metal fällt.
Fragwürdig, ob die Londoner dieser Bezeichnung und dem damit wohl zwangsweise verbundenen Anspruch von Einzigartigkeit gerecht werden. Man kann festhalten: Sie geben sich dabei alle Mühe.
Lässt man das thematische Konzept mal außen vor – was gar nicht so leicht ist, angesichts dessen, wie sehr Musik und Text teilweise Hand in Hand gehen, dazu aber später mehr -, zeichen EIBON LE FURIES sich in allererster Linie dadurch aus, dass sie sich selbst offenbar wenig musikalische Grenzen auferlegt haben. Man könnte scharfzüngig behaupten, „Blood Of The Realm“ sie vor allem der Versuch, möglichst vieles in einen Topf zu werfen, um mal zu schauen, was bei rauskommt. Wertneutraler wäre festzustellen, dass das Album sich durch einen Mix vieler verschiedener Elemente auszeichnet – und das mal mehr oder weniger gelungen. Manch ein Purist mag das verneinen, aber „Blood Of The Realm“ fußt letzten Endes im Black Metal. Gerne mal schneller mit deftigen Blastbeats (obwohl deren Benutzung teils recht erzwungen wirkt), häufig im Midtempo, dort dann nicht selten mit guten Ideen und Melodien. Ergänzt wird dieses Fundament durch einen doch sehr hohen Anteil symphonischer Elemente. Im Grunde ist auch das nicht wirklich ungewöhnlich und Symphonic (Black) Metal ist beileibe keine Neuerfindung des Rades – ich im übrigen beileibe auch selten Freund selbigens. Was EIBON LE FURIES wirklich vom Gros anderer Bands abhebt, ist offenbar das Selbstverständnis: offenbar gar nicht so sehr bloß als Musiker, sondern tatsächlich als Geschichtenerzähler. An dieser Stelle komme ich nun wieder auf die Verknüpfung von Text und Musik zu sprechen: diese ist bei „Blood Of The Realm“ weitaus stärker als gewöhnlicherweise. Man könnte sogar sagen: EIBON LE FURIES ist vertontes Drama.
Das Besondere ist also, dass die Musik beinah genau das ausdrückt, was der Text uns ohnehin zu sagen versucht. Unterstützt wird das ganze durch einen Haufen wirklich interessanter Samples. Sei es Messerschärfen, sei es Hufgetrappel – hier sind wir von Standardkost bereits weit entfernt.
Leider finden solche Momente – die tatsächlich die Stärke des Albums sind – sich fast ausschließlich auf der zweiten Hälfte des Albums. Die ersten sechs Songs sind zwar recht abgedrehter Metal, scheinen aber nicht ganz in das Konzept zu passen, was EIBON LE FURIES letzten Endes mit ihren stärkeren Songs verfolgen. Der dritte Song, „Tears Of Angels & Dreams Of Demons“, ist mit Mut zum elektronischen Beat tatsächlich ziemlich cool und erinnert spontan etwas an STURMGEIST, die anderen verpassen die Chance, sich im Gehör festzusetzen. Die einzige Ausnahme: „Dominion Of Will“, der sechste Song. Allerdings leider eher deshalb, weil der Mitgrölvers schon ins Nervige abdriftet.
Danach spielt die Band ihre Stärken voll aus, erzeugt mit „A Shadow Over London Part I“ eine dramatische Stimmung, die Lust auf mehr macht und die zweite Hälfte des Albums einleitet. Dort trifft man dann auf Songs, die eigentlich vertonte Theaterstücke sind, und einen etwa in die Welt Jack The Rippers entführen.
Es bleibt ein gemischter Eindruck zurück. Hätten EIBON LE FURIES die für mich recht überflüssigen ersten sechs Songs einfach weggelassen (rein zeitlich wäre das Album dann immer noch lang genug), so wäre tatsächlich ein gutes, wirklich interessantes Album mit einem schlüssigen Konzept daraus geworden. In der vorliegenden Form scheitert „Blood Of The Realm“ leider an konzeptionellen Schwächen, die manchmal Schlüssigkeit vermissen lassen. Das haben z.B. LE GRAND GUIGNOL, an die ich ich mich leicht erinnert fühle, weitaus besser und homogener hinbekommen. Ein weiterer Wermutstropfen ist die manchmal ebenfalls nicht ganz stimmig scheinende Produktion: Es ist grundsätzlich überhaupt nichts gegen einen rauen Sound im Black Metal einzuwenden, wo er denn passt. Es gibt Produktionen, die leben von dieser besonderen Atmosphäre. Bei „Blood Of The Realm“ mag es nicht so ganz in die dramatische Stimmung passen, und scheint die Samples und symphonischen Momente etwas zu konterkarieren.
Somit bleiben sechseinhalb Punkte, die an einem so schön sonnigen Tag ruhig mal sieben sein dürfen.
Eibon Le Furies - Blood Of The Realm
Band | |
---|---|
Wertung | |
User-Wertung | |
Stile | Black Metal |
Anzahl Songs | 15 |
Spieldauer | 81:52 |
Release | 2010-05-29 |
Label | Code666 |