EgoNoir - Der Pfad Zum Fluss

Review

Heidewitzka! Da haben die Promoter aber mal wieder tief in die schwarzmetallische Referenzkiste gegriffen und schmeißen mit solch großen Namen wie BETHLEHEM, STRID und BURZUM nur so um sich. Ich persönlich stehe diesem inflationären Umgang mit musikalischen Vergleichen ja eher kritisch gegenüber, zumal daraufhin immer die krampfhafte Suche nach etwaigen Ähnlichkeiten beginnt und man die individuellen Aspekte garnicht mehr zu erkennen vermag…

Aber dafür kann EGONOIR natürlich reichlich wenig und ich werd‘ die großen Götzenbilder einfach mal aus meinem Gedächtnis streichen und mich ans Hören des Longplayers „Der Pfad zum Fluss“ machen. Dumpfes Wasserplätschern leitet das Titelstück ein, das nur kurze Zeit später von schleppenden, gedämpften Gitarrenläufen komplettiert wird. Elegisch kriechend baut sich das Stück auf und lebt besonders von den sehr mutablen und intensiven Vokalleistungen – extreme Verzerrung und aggressives Geschrei treffen dabei auf raue, lethargisch gesprochene Passagen und beschwören die ein oder andere Gänsehaut herauf. Auch im instrumentalen Bereich geben sich beklemmend-ruhige Arrangements und frenetische Perioden die Klinke in die Hand – Dynamik in Reinform. Weniger dynamisch, aber nicht minder vielseitig gestaltet sich der zweite Streich „EgoNoir Teil 7“, der zwischen Schwer- und Wehmut schwankt und durchgehend im gedrosselten Tempo gehalten ist. Akustische und cleane Gitarren, Sprachsamples und die abermalige gesangliche Vielfalt des Herren „BinZynisch“ verstehen eine womögliche Öde dabei gekonnt zu umgehen.

„Feind“ ruft dann per cineastischem Sample zur Offensive auf – nicht zu Unrecht, denn jetzt geht EGONOIR harscher und etwas nordischer zur Sache und auch die Geschwindigkeit wurde drastisch angezogen. Leider knüppelt das Schlagwerk aus der Büchse mehr schlecht als recht vor sich hin und schwächt den Gesamteindruck (vor allem in den flotten Momenten) entschieden ab – täte der kreativen Autonomie doch auch keinen allzu großen Abbruch, wenn man sich zur Realisierung ’nen fähigen Schlagmeister an Bord holt…
Die weiteren Stücke auf „Der Pfad zum Fluss“ sind nun von recht ähnlicher Brauart und gedeihen entsprechend vor allem auf Grundlage der erprobten Zutaten, die da Stimmungswechsel, gesangliche Mannigfaltigkeit und atmosphärische Splitter in Form von Samples oder akustischen Passagen wären. Bei „Heereskind“ jedoch schrecke ich verdutzt auf, als ich dort am Ende den Volksliedklassiker „Hänschen klein“ vernehme – die Verquickung meiner fröhlichen Kindheitserinnerungen mit dem gemütskranken Black Metal will nicht in meinen Schädel, sodass ich das Ganze letztlich als ziemlich verstörend empfinde. Aber das ist womöglich sogar so gewollt.

Die Bilanz: EGONOIR liefern mit „Der Pfad zum Fluss“ ein psychotisches, vielseitiges Black Metal Album ab, das besonders im vokalen Bereich einiges auf dem Kasten hat. Sieht man mal von der verbesserungswürdigen Produktion und dem doch arg vernachlässigten Schlagzeug ab, bleibt ein raues, ausdrucksstarkes Silberscheibchen, das vor allem für Sympathisanten kaputter Tonkunst interessant sein sollte.

02.06.2007

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