Egokills - Creation

Review

Dass sie sich mit „Creation“ zwischen alle Stühle setzen, dürfte den Finnen EGOKILLS voll und ganz bewusst sein. Immerhin schmücken sie sich selbst mit der ambivalenten Schubladenkennung „Hippie Metal“, die nicht wenige potentielle Käufer zudem in eine völlig falsche Richtung denken lassen dürfte. Denn statt tiefenentspannter Blumenkinder-Grooves regieren hier die meiste Zeit über Doublebass und mächtig aggressive Riff-Attacken.

EGOKILLS bieten auf „Creation“ großes Hörvergnügen mit einer gesunden Portion Wahnwitz

Und doch ist „Creation“ in vielerlei Hinsicht mehr Rock als Metal. EGOKILLS lassen sich von ihrer lässig-groovenden Gute-Laune-Attitüde treiben und drücken dem bunten Strauß an grundverschiedenen Stilrichtungen ganz ungezwungen ihren eigenen Stempel auf. Da findet sich vieles in diesem bunten Soundcocktail wieder, das eigentlich unvereinbar scheint. Und tatsächlich scheitern EGOKILLS mitunter krachend an der Quadratur des Kreises. Vorausgesetzt man hat ein offenes Ohr für grenzüberschreitende Experimente, lässt die gesunde (?) Portion Wahnwitz aber selbst dieses Scheitern immer wieder zum großen Hörvergnügen geraten.

Sänger Janne Selo brüllt sich gleichermaßen räudig wie melodisch die Seele aus dem Leib und fährt dabei sowohl große Stadionrock-Refrains als auch Core-kompatible Shouts auf. Gemeinsam mit den atemlos tighten Riffs von Niko Viita-Aho und Paavo Pekkkonen entsteht dadurch ein strukturell an Melo-Death der Marke neuere IN FLAMES erinnerndes Grundgerüst, dem die seltenen Stoner-Parts (siehe insbesondere das formidable „Spiral“) fett groovende Würze verleihen. Als absolutes Highlight entpuppt sich aber der hypnotisch-ohrwurmelige Rausschmeißer „To Follow The Sun“, das vom ersten Refrain bis zum überlangen Piano-Outro für Gänsehaut sorgt.

Das Video zum hypnotischen Ohrwurm-Hit „To Follow The Sun“ verzichtet auf das überlange Piano-Outro

Es ist EGOKILLS wirklich zu wünschen, dass ihnen die Perfektion ihres kruden Stilmixes gelingt. Und gleichzeitig lauert hier die größte Gefahr für die Band, denn vieles scheint seine Wirkung nur auf der Basis jugendlichen Leichtsinns und grenzenloser Selbstüberschätzung entfalten zu können. Diese kommen jeder Band im Laufe ihrer Karriere zwangsläufig irgendwann abhanden. Ob man diesen Ungestüm auch im „Hippie Metal“ langfristig durch Routine und Erfahrung kompensieren kann, wage ich ernsthaft zu bezweifeln. Gerade deshalb freue ich mich aber umso mehr, wenn es EGOKILLS früher oder später gelingen sollte, mich hier eines besseren zu belehren.

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06.06.2016

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