Edo Notarloberti - Silent Prayers

Review

Labelmenschen sind eine komische Spezies. Versuchen sich die einen nach schlechten Reviews an komischen Aussagen, wie: „Entschuldigung dass wir euch die Rockpromo zugeschickt haben, wir hätten ja wissen müssen dass ihr von metal.de nur Metal rezensieren wollt“, gibt es auch immer Ausnahmen die ihre Zielgruppe ganz weit fächern und uns mit Klassik bemustern. Heutiges Objekt der Aufmerksamkeit ist das Album „Silent Prayers“ vom neapolitanischen Violinisten EDO NOTARLOBERTI, der minimalistisch mit kaum mehr als Geige, Piano und Frauengesang arbeitet, und sich genretechnisch irgendwo zwischen „Rondo Veneziano“ und YANN TIERSEN aufhält.

Das schließt nun natürlich ein, dass man für den Kauf der Platte mit Klassik und Romantik deutlich mehr zu tun haben sollte, als einfach nur den einen oder anderen Song von RHAPSODY auf dem MP3-Player zu haben. Notarloberti arbeitet sehr filigran mit Stimmungen und packt es auch so gut wie alle Songs, mal abgesehen von dem grandiosen Opener „The First Was A Death Woman“ und „Dark Tango“, gänzlich ohne Höhepunkt zum Ziel zu bringen. Obendrein tut auch die Produktion ihren Teil dazu, denn Sängerin Valentina Del Giudice hat eindeutig mehr Hall in der Stimme, als jedes andere der Instrumente.
Das tolle ist aber: Alle bisher genannten Attribute, sowohl die Stimmung, die hintergründig abgemischte Gesangsstimme, als auch die kompositorische Nähe zu YANN TIERSEN, machen aus „Silent Prayer“ ein unglaublich gutes Album. Kriegen es viele Komponisten vergleichbarer Platten nicht hin, den schwierigen Spagat zwischen gefühlvoll inszenierter Atmosphäre und langweiliger Nachtmusik erfolgreich zu meistern, setzt sich Nobarloberti schon fast spielerisch darüber hinweg und kann mit jedem Lied neue Akzente setzen. Was in „Marianna Y La Melancholia“ noch aufgewühlt und feudal wirkt, klingt in „Preludio On My Skin“ schon wieder melancholisch und im „Glass Man“ aufbrausend. Und um den Anspruch nie auch nur im entferntesten zu verlieren, ist der Abschlusssong „L’extravagance“ ein nie geschriebenes siebtes Brandenburgisches Konzert von Bach, das sich problemlos mit den sechs Vorgängern messen kann. Und es ist mir egal wie blasphemisch die Aussage eben klang: Besser hätte man ein Album nicht beenden können.

Deswegen geht auch die unbedingt Kaufanweisung an alle Fans stilsicherer Minimalklassik und -romantik. Abgesehen von der irre kurzen Spielzeit hat der alte Italiener alles richtig gemacht und neunmal alle meine Vorurteile italienischer Neuromantik filigran weggespielt. So kann die Zusammenarbeit zwischen Klassik und metal.de gerne weitergehen!

03.08.2008

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